Kleinmeistereyen in deutschen Schriftsachen.         

No. II.  Lezte.

Zur Verachtung ist das Lächerliche zu unwichtig, und zum Hasse zu gut.“ –
J[ean]. P[aul]. Vorschule I.
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[97] Auch das Armseligste, in den Augenpunct der Zeit erhoben, erscheint der Rede werth.

Dresden besizt in der Abendzeitung ein Unterhaltungsblat, welches Allerlei, mitunter gar tüchtiges liefert, des Vf’s aber, in Zuständen eines, der freien Bildung allein dort Lebenden, gebotne Spenden auf Bedingung des Werthes (dessen Probe Beilage A. sey) verschmäht hatte. – Mit ihr im Verhältniß des Gegensatzes, will der literarische Merkur sich erheben [D], dessen Unternehmer (nicht der mir gewogne Verleger Hr. Hilscher) den Vf., den Amtlosen der Geschäftsman, zu sich entbeut, und, Aufsätze zurückstellend, Neigung und Umgang eines geachteten Freundes zu übertragen wünscht. – Literar. Offenheit und Mittheilungen; wogegen seinerseits auf Befragung, welchem Zeit = und Ort = Bedürfnisse sein Blatt entsprechen wolle? Redaktorenjammer über Unmündigkeiten des Publikums erfolgt, während ich des Satzes verharre, man müsse gemüthliches Bedürfniß aufs geistigste Befriedigen. Beiträge gewünscht, insonders eine (Raumshalber“ überkürzte) Gallerie deutscher Dichter: „Urtheile, neue, nur mit wenig Worten.“ – Maurerey höchlich empfohlen: „jeder gute Kopf solte M. seyn; Sie sind ....: also. – Der Profane entzieht sich in stiller Ehrfurcht den Influenzen des Meisters. – : Mein Ernst für die Sache ergiest die Beachtungen eines hiesigen Jahres von Kunstwünschen und Wissenszwecken in folgendes Gutachten“ das, vertraulich gemeint, in Zorn setzt, kaum durch dennoch freiwillige Vorlesung eines auf Zusage gearbeiteten, auf Sicht zu lang befundenen „Bildes von diesjähriger Ausstellung“ beschwichtigt: denn ich trug Bedenken, die eigensten Gedanken, wie bisher so öfterwärts – mustern zu lassen. – Anders besonnen: Beyträge sehr gewünscht; zumeist Das über die Dichter, namentlich auch mit über Fouque, urgirt: aber weder ein Blick an die Decke, noch auf die Thiele,

[98] noch auf das Geldbelegte Schreibepult findet Raum zu einer Würdigung, die der Gewürdigte selbst achten müste und,
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unvermögend solchen Wechselwirkungen zu sitzen, brech‘ ich Einladung, Umgang, Berufungen, ab und erschreke fast, lange nachher meinen Aufsatz gegen ausdrücklichste Bedingung, recht feig verstümmelt, unter dem anmaslichen Titel Musagetes dem Neujahrstück dieser Zeitschrift accommodirt zu hören, in der ich warlich nicht die Kolbe schwingen wolte. 

Ich überlasse der Isis den Aufsatz, wen er nicht einer Abhandlung über die Freswerkzeuge der Insekten oder einer Genesis der thierischen (Knochen=) Gliederungsgestaltung, die man, von der Raupe aus, auch für bildnerische Zwecke bis zum Menschen durchgeführt höchst wünschen könte, – den Raum wegnimt. Alles unterstrichene war gestrichen. - Sonst begnüg‘ ich mich mit Abdruk dieses Zettels.

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Erklärung.

Unterzeichneter bescheinigt hiermit: den ihm von dem hiesigen Privatgelehrten Hrn. K. F. Wildenhain anvertrauten Aufsatz über Dresdner Zeitblätter, anfangend „Dresdener“, endigend „kreuzfidel“ – gegen des Verfassers ausdrücklich wiederholte Erklärung: das derselbe vielmehr auf Mittheilungen im engeren Kreise berechnet, gar nicht, oder doch urkundlich und offnen Namens abzudrucken sey – ohne sein Vorwissen mit wilkührlichen Weglassungen und Veränderungen und der Betitelung Musagetes, im Neujahrstück des lit. Merkurs 1820 ohne Namen habe wirklich abdrucken lassen, und behält sich dagegen zu eigner Rechtfertigung die Kundmachung der dazu drängenden Motive ausdrüklich vor.

Dresden am 7. Jan. 1820.

Philippi.  [D]






































[99] Herzentprestes und herzbewegliches, jedoch ohnmasgebliches Gutachten an sämtliche Redaktoren und Mitarbeiter Dresdner Blätter und alle Leser, die’s verstehn.
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Dresdener! – wen eure Zeitblätter nicht die besten sind, oder doch sehr gut, – – so ist das sehr schlecht! –
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Dresden von Gegenden umgeben, die nur angeschaut sein wollen, um zum Wiederklange des ewigen Schöpfungsliedes sich zu gestalten in Wort und Bild; Dresden als Sitz urahnlicher Fürstenhäupter ein Lichtpunkt in den Geschichten vieler Jahrhunderte, deren Urkundenschaz aufgestapelt liegt in Archiven und Büchereien; Dresden, seit der Reformation eine Herzkammer Deutschlands, die mit geistigem Feuerblut den kalten Norden erwärmt, den Süden erleuchtet hat; Dresden, wo Winkelman und Mengs geworden sind; Dresden, das in Gemälden und Antiken mehr als eine Weltschöpfung der Kunst und das historische Abbild der schönsten in seinen Sammlungen besizt, von einem Friedrich August und Marcolini nur erst vollendet, und als Kommentar zu allem die herrliche Bibliothek; Dresden, wo Medicin, Botanik und andere Naturwissenschaften seit lange geschüzt und gepflegt wurden; Dresden, wo alle Gewerbe sich vielfach kreuzen und in den Verwaltungen eines durchgebildeten States die Stände sich alseitig berühren, ohne Obherschung einer Kaufmännischen oder sonst beschränkenden Weltansicht; wo vielmehr das friedliche Bestehen von 3 Konfessionen die Gefahr der Einseiterei noch gründlicher aufhebt; Dresden, der Sammelplaz so vieler Reichen, so vieler reichgebildeten Männer und Frauen; Dresden endlich mit seiner Künstlerschar! – was könte, was solte, was müste Dresden für ein Blat haben, wen ihr Leute nur woltet.

Dresdner! ich weiß den doch auch, wie man bei Euch denkt und fühlt im häuslichen Kreise, und behaupte dreist, das von Euch 3 – 400 gebildeten Familien und den hunderten Einzelner ein geistvol kerngediegenes Blat lieber ist als ein wochentliches Mittelgut mit Gedichten wie Thauwasser, Erzählungen wie Strohfeuer usw. und, und usw.! das ihr Euch alle schämt, wen nicht Euer Jahrgang als Jahrbuch der Wissenschaft und Kunst dasteht.

Dresdner! ich mein‘ es wahrhaft ehrlich mit Euch und bin bey Laune; ich beschwöre Euch demnach: seyd doch in Euren Blättern nicht schlechter als Ihr selbst, sondern rechtschaffen gut und schön und treflich, wenigstens nicht minder als Ihrs im Leben seid! Den gotlob, Eure Handwerkspurschen singen ja noch ihr gutes Lied, Eure Kinder spielen ja noch und lernen Ammenmärchen, Ihr liebt ja Weib und Kind und seid mitunter wohl auch from: wolan den, so Ihr solche Wärme fühlt, so blikt auch empor zum Lichte! Ja du heilige Sonne der Liebe, die Got aufgehen läst über Gerechte und Ungerechte, das die Kunst um uns erblüht als ein Frühling, und die Weisheit verklärt wird, als ein verborgner Schaz im Hause, in deren Glut alle das Lumpengesindel von Has, Grol, Neid, Zwietracht, Afterreden und bösen Leumund machen usw. in uns verlodert zu Sonnenstäubchen, sende doch einige Zündstralen in Dresdner Herzen aus, und glaubt nur Kinderchen, das ich [100] Euch lehren wil, wie Ihr mit Euren Schätzen Euch zu bereichern habt.

Also zuerst ihr Redaktoren! Glaubt doch, das der Geist der Kunst und Wissenschaft ein heiliger Geist ist, den man im Geist und in der Wahrheit anbeten sol: d. i. macht nichts Schlechtes, nehmt nichts Schlechtes, gebt nichts Schlechtes; insonders aber gebt Euch selbst nicht her für die Mäkelei eines Buchhändlers; macht nicht dem Volke Götzen anstat der Götter aus seinem eignen Gold. Vor allem aber bessert Euch selbst und hadert nicht um das Himmelreich untereinander. Vielmehr wolt durch eigne Treflichkeit einen freiwilligen Verein der Tüchtigen um Euch bilden, damit Ein Zeitblat gleichwie ein wolgepflanzter Garten, Jahr aus Jahr ein gereifte Frucht bringe, nach seiner Art, die Kunst das Schöne, die Wissenschaft das Wahre, und die Geschichte die Weisheit. Geht auch nicht Chapeau-bas darin herum und macht keine Komplimente, dem Nachbar rechts und dem Gevatter links und mit dem Kopfe vorn und dem Steis hinten, sondern habt so viel Würde lieber grob zu seyn, als schwach. Schreibt keine zahmen Blätter und fangt nicht jedes mit jener verfluchten Reflectiv=Poesie an, die philosophisch dicke thut und gar nichts ist. Seid doch ein Dam gegen die Gemeinheit und füttert den Zeitaffen nicht mit Zuckerbrod, hungert ihn aus. Und wen der Geringsten Einer Euch reine Spenden bietet, der aber nicht fragt, wieviel Pomade und Puder ein Ding mus aufgelegt haben, das zwischen 8 und 9 beim Frühstück und Abend 5 Uhr bei dem Thee erscheinen darf, so weist ihn nicht ab, sondern seid fidel, wenn ers ehrlich meint.  Glaubt aber ja nicht Edle, das ich das darum sage, weil irgend Jemand von Euch meine eignen Gaben vorläufig annahm und dan human zurückgab, mit Händen bemalgert, so das der Andere gleich provisorisch spricht: „nun mag ich’s auch nicht.“ Bekennen mus ja ich armer Sünder, das nicht die Ehre unter Euch aufzutreten mich angelokt, sondern der Ehrensold. Ja, um einen Mammon, den ich als ehrlicher Man und redlich obsorgender Freund bedurfte, gab ich hin, was nicht für Euch geschrieben war, und schamrot über und über müst‘ ich dastehn, wenn der Umstand mich nicht ein wenig in Schuz nähme: das ich für’s Geld allein noch keine Feder rührte. Beschämter mus ich dagegen des Vorbesprochenen[D] gedenken, „daß der namlose Verfasser, ein wenig stolz, sich ungern nachmals[D] abgewiesen sähe, und kaum Einen von Euch Hrn. als Richter anerkennen durfte.“ Aus Bescheidenheit. Den wist Freunde, schon meine, der Kunstbildung geopferte Jugend war darüber hinaus, des eitlen Lobes geizig zu sein, und mit einem Shakspeare z. B. glaub‘ ich wenig gemein zu haben als etwa den Saz, das mir Licht lieber ist als Fleisch, wie ich ganz und gar ohne allen Bezug von ihm gesagt hatte.*

Getrost also, respektirte Mitarbeiter, ruf‘ ich nun Euch zu: schreibt nicht ums Geld! und abermals, schreibt [101] nicht ums Geld, und nochmals, schreibt nicht ums Geld! in einer Zeit, da uns nichts obliegt, als ihrer gesünderen Regsamkeit, welche Sünde und Wust von sich trat, auch werth zu sein. Stellt Weniges auf, aber das Trefliche, und last es wirken mit stiller Almacht; und nichts müsse geliefert werden, was nicht ein Weiterstreben in seiner Art kund gäbe oder forderte. Zieht die Leser zu Euch hinauf, führt etwas Groses durch und last Euch nicht herabzerren. Nehmt Euch ein Beispiel an Oken, aber ein harmloses, und beweist es uns und Euch und Allen, wie klassisch gros und heiter der Deutsche sein kan, wen er wolte! –

Ihr aber, o Leser allerseits, du Publikum, das ich zuerst anreden solte, weil es beide ersteren mit einschließt; Edle, Hochedle, Holdselige, Biderbe, Wolverständige, seid, ich bitte, vernünftig, seid nicht abgeschmakt.

Ihr Haus= und Herzverständigen Frauen, Ihr holdseligen Jungfrauen, die Ihr so gern from, zart und rein bleibt, und erst angesündigt werden müst um gemein zu werden, erkent doch das heilige Feuer, das Eure eigne Hand den kommenden Geschlechtern überliefert, den Lebenshauch der eignen Sele, die Poesie, darin Ihr schwimt und schwebt, und sucht sie nicht in – oder – noch in andern Blättern. Last euch nicht abgestandnen Witz und aufgesotne Prosa aufzieren, und lernt die Kunst, wie ein Kind lieben, und wie die Fantasie.

Ihr Jungendlichen, so reich mit dem Ideenschatze heutiger Akademien, die Ihr noch blüht und glüht, und an den Schmuck des Lebens glaubt: o glaubt doch ganz daran, wählt jeder eine Kunst, ein Wissen, ein Wirken, sucht euch ein Steckenpferd, z. B. Euren Beruf, und macht was Rechtes daraus, und Euer Haus oder Herz zu einem Tempel des Guten und Schönen. Liebt reine Formen, reine Farben, reine Töne, umgebt euch damit, verwöhnt Euch daran, und merkt es, das auch das Nüzliche seine Vollendung nur in der Kunst, dem Schönen findet, ohne den Ernst welches Gegensatzes nicht einmal Krähwinkelei und Klatschgevatterschaft ergözlich floriren kann, wie ein Blumengewucher auf dem Kapitol. Nehmt doch das Leben mit seiner Pflicht frey derb und freudig, gebt Eure Genialität nicht gefangen, arbeitet mit nach Kräften an der Gottesstadt, die wir deutsche Bildung nennen, und wer Euch nicht geistvoll unterhält, den lest nicht, kaufts nicht und werft’s auf den Schut.

Ihr Männer endlich, thut doch desgleichen; Ermant Euch; beweibt Euch, verweibt Euch nicht! Seht um Euch, wie der Geist durch alles durchgedrungen ist, das man fast nirgends mehr an todtes Fach= und Balkenwerk zu stosen braucht im deutschen Leben. Oder hat die neueste Zeit Euch nicht genug geschult, um einzusehen, wie wenig ein bischen Professorweisheit und Herkömmlichkeit noch ausreicht, wen der Geist freithätig seine Formen schaft und das Gemüth gilt? Lest das Volk nicht, das nur im Traume schreibt! Schläfert Euch nicht ein damit; wacht auf. Glaubt auch nicht, man könne den Genius, der blos Menschheit ist, eingeben, wie einer Henne ein Pfefferkorn auf Butter gegen den Pips und Poesie einblasen, wie einem Küchlein das Leben mit dem Federkiel, son= [102] dern, was nicht selbst sein kann, das last zum Teufel fahren!

Edle, last fein die Geister frei. Das heist, wen ihr naiv bekennen müst, das man Euch ein Jahr früher bekant wird, wen man dieses oder jenes ist: ei so last auch bis dahin ungehudelt, was unbefangen neben Euch wohnen wil. Brecht nicht ein in die heilige Werkstätte der Individualität. Den leider must‘ ich ja inne werden, das auch bei Euch die forcirten Sympathien im Schwange gehn, die wahlverwandschaftlich spinnenhaft aussaugen, was an ihre Netze komt. Ei Kinderchen, das ist ja sehr verdamt schlecht und schier der Ruthe werth. Aber seht, wie ich liebreich blos mit Worten Euch strafe, und bitte: überlast doch die geistige Nothzucht* französischen Polizeihunden und spanischen Inquisitionsteufeln, und erquetscht nicht aus guten deutschen Köpfen ein Fluidum, das nur eine Fratze von dem absezt, was sich gestalten wolte in solchen, wens gleich weitgreifend Mode wäre. Erschindet nicht Helsicht! Betet lieber! Kinderchen maust nicht!

Dresdner, ich bin sehr bei Laune gewesen. Ich habe viel Dinte an Euch gewandt. Haltet mir’s zu Gute Ihr Trefflichen, den ich lieb‘ Euch sehr, und weisgot ordentlich sächsisch = deutsch!

Freunde, ich möchte sehr grob sein oder sehr spashaft, ich könte seufzen, wen ich nicht lachen wolte; aber es wird mir ernsthaft sauer – ich fühle Indifferenz.

Noch Eins, Engel! wenn ein schlichter Man zu Euch komt, der da weis, was er wil, und Euch wolrathend seine Meinung sagt, Ihr Edlen, Holdseligen, Ihr Ehrwürdigen und Gerechten, so thut nicht als ob Ihr einen Schuljungen vor Euch hättet, damit nicht Euch das Näschen wischt, dem Ihr es wischen woltet! Ja, thut das alles und lebt wohl und kreuzfidel, wie
Ewer
gegeben am 17/18 Oct. 1819.
aufrichtiger Freund
Karl Friedrich Wildenhain,
aller freien Künste und schönen Wissenschaften alzeit freiwillig Beflissener in und auf allen geistfreien Reichsstädten des wahren Deutschlands.
Derzeit zu Dresden.







[103] Der Unbefangene sieht hier gutmüthige Besonnenheit, die jede Verletzung mit eigener Entschönigung vergüten möchte, stat vornehm zu beleidigen; weshalb auch al dies Persönliche, aufs Mündliche für’s Haus berechnet, sich öffentlich hier geben darf. Aber weder die angeblich beste Absicht des Bevormünders noch die achtbarste Persönlichkeit der Redakzion kan es entschuldigen, das hier eine literar. Genossenschaft mich Alleinstehenden zu ihrem kleinen Bramarbas aufstuzt, gewis mit allerlei Vorbehalt, je nachdem ich einschlüge. – Mein sermo pedestris solte im Ton und Geist junger Genossen wirken, die ihr Schriftwesen hier üben: eine höchst achtbare Dresdener Lesegesamtlichkeit hätt‘ ich in öffentlicher Wortführung so jugendlich nicht angespast! – – Uebrigens wünsch‘ ich dem Blatte schon deshalb gedeihlichen Fortgang, weil es das Verdienst einer Opposition durchführen wil. –

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 Also schlies‘ ich nun, nach gänzlicher Hinwegsetzung von jedem Ich, mit einer Wahrheit für Alle: – das alles äusere Besitzthum veräuserlich sei, und so viel Würde habe, als der Gedanke, den wir hineinlegen, mit des geistigen Gepräges Unantastbarkeit aber deutscher Menschheit aleiniges Grundeigenthum verloren oder gerettet.

Dafür die Worte! Den das Kleinste hängt hie mit dem Grösten ja stetig zusammen und dieses Aeusere führt nothwendig auf ein Inneres. Oder ist es so unwichtig, ob zulezt der stille Gang des Denkenden und Dichtenden im Gemüthe selbst (die plastische Anschauung der Fantasie) vor geistigem Vordruck, und der Gedanke dem Blatte vertraut, vor dem Nachdruke beschlafener Geister nicht sicher sein sol? – –

Ach theurer Man der Wahrheit, wir leben in so schöner Zeit, ich fühle den Got, der sichtbarlich sich in uns offenbart, und es ekelte mich tief, in das Uferas (Ephemera vulgata L.) engste[D] Ichsamkeiten mit Händen zu raffen; und dennoch mus ich hier, vor den interessantesten Studien kaum Zeit habend zum Aerger, hier, wo ich das Elend eines Jahres vergessen könte in Einem Blik auf Rafaels göttliche Madonna! das Einzige beweinen, was ihrer Isis izo fehlt – die Eselsköpfe.

Dresden im Jan. 1820.

Karl Friedrich Wildenhain.

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[100]
*  
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In einer Vorrede zu S‘s Venus und Adonis: „....ein S. wollüstelt nie mit seiner Kunst: er giebt nur seines Orts das Aechte, und Licht ist ihm lieber als Fleisch.“
[102]
*   Ein (in fremder Hauptstadt, wo man vor ein paar Jahren magnetische Vereine „wegen Misbrauchs“ aufgehoben hatte) erkrankter Freund, der meiner Behandlung hier anvertraut war, schien vielen Merkzeichen zufolge hauptsächlich durch solche geheimschleichende Einwirkungen von Kerngesundheit zur Manie getrieben, wie ich das aus dem Verlaufe meiner halbjährigen Beachtung beurkunden kan, welche, versteht sich, mit Befragung des Arztes aufs Psychische allein gerichtet war, indem ich, wiewol bei eigenster Ansicht in solcherlei Anfechtungen, hier forschen und dichten wil: nicht quaksalbern! –















Isis: oder encyclopädische Zeitung / hrsg. von Lorenz Oken. - Leipzig : Brockhaus, 1820. Sp. 97-103



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