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[145] Guten Abend
Freund! Wohin? Du ziehst vorüber, so düster in Dich hineingebükt; kom
doch
herauf! – „schon Abend? Nun ja, der Himmel ist trübe genug. Du aber
schaust so
heiter heraus wie immer. Ich komme hinauf zu Dir.“ – So sei gegrüst,
wenn
gleich unfreundlicher als das Wetter drausen: Du trauerst wieder. O
Freund, wie
lange wilst Du doch den lichten Jugendhimmel Dir mit Flor verhängen und
laublos
dür und öde stehn, im Lenze, der nur einmal um Dich blüht. Kom, setze
Dich: von
Tagen las uns reden, die jugendlicher waren, und durch die Lieben hoch
beglückt, um die Du in Einbildung Dich abhärmst. Heiter solst Du
werden, froh.
– „Das hass‘ ich, Freund, nenne mir herbere Qual, als, das Seligste
hoffend,
das Schwärzeste fast vor Augen sehen, und beim glücklichsten Ausgange
doch wohl
beweinen müssen, was ewig verloren bleibt – : und gönne mir meinen
Harm.“ –
O,
ich weis, es giebt eine Wonne des Harms und die gönn‘ ich Dir, den sie
gehört
dem Ewigen an, aber nicht das süsliche Versinken in Schwermuth, das
nimmer wagt
zum Trost emporzusehen. Ist das der rüstige
Glaube,
der über jedem
Hindernis
den Sieg, über jeglichem Schmerz die Freude wuste? – „Das waren schöne
Zeiten Freund,
aber ich sah‘ es kommen, kalt und farblos wie jetzt die Sonne sich nach
Westen
wendet, werd‘ ich zu Ende gehn, sie wird sinken, und in der Nacht mir
Liebe,
Lust und Kunst verloren sein.“ – Nun wol Dir, wen Du trauerst um die
Kunst: dan
ist sie noch Dein und die Liebe dazu. Und siehe da wird es licht am
Himmel: nur
gleich hinaus ins Freie. Die Landschaft hat das Herliche vor den
Menschen
voraus, daß sie uns immer mit der Welt befreundet, weil sie, gleich als
ein
reines Blat, wie eine heitre Sele das Anvertraute treu bewahrt, und nie
anders
uns anspricht als wir sie. – „Da sprichstu ihr die Kunstbedeutung ab,
und
wahrlich, ich weis nichts Wüsteres als unsre Landschafts=Pinselei, die
aus der
Fülle des Einklangs aller Schöpfung ein paar Töne hinfingert und ewig
wiederleiert und selber nie weis, was sie wil. Sind nicht alle die
festgewordenen Irdformen und selbstkräftigen Pflanzgebilde in ihrem
Miteinandersein und Ineinanderleuchten so viele Worte des Schaffenden?
O, [146] wie nichts=sagend, mat,
armselig sind Eure
zusammengewürfelten Schildereien!“ – Da
halte Dich an treue Bildnisgegenden, wo Ueberreichthum nicht zu läugnen
ist.
Den redet da nicht jede uns mit andern Worten an? und giebt nicht jeder
neue
Standort ureigenthümliche Ortsamkeit? (Idiom der Landschaft). – „Das
eben
ärgert mich; dies Nachbuchstabieren von Worten und Halbgedanken die 3 –
4mal
auf Einer Seite stehn im Schöpfungsbuch: den jene Immerneuheit ist so
wenig wahr, das wir dieselbe Gegend mehrfach
wiedersehn, ja, oft geträumte wirklich finden. Und wens noch allemal
Gedanken
wären; aber nicht einmal volständige Sätze sind es, geschweige
kunstgültige,
die als Gedicht den Urgedanken eines Abschnits, oder den Geist des
ganzen
Buches aussprächen.“ – Da bin ich einverstanden. Den, wen freilich die
Gotheit
auch hier nicht anders als dichten konte, so liegen doch jene Weltworte
umhergestreut in aller Schöpfung; zu gros für unsre Ansicht; und
geschieht es
ja, das ein Kunstächtes einmal zusammentrit für einen Augenpunkt: was
kan das
anders heisen, als, im bunten Stein ein Bildnis von zufälliger Wahrheit
finden?
Der Landschafter mus, wie Du richtig forderst, erlebte Formen
schöpferisch, wie
der Dichter die Sprache, brauchen und aus dem Wirklichen das Schöne
leisten. So
freilich erscheint dies Feld ungeheuer, da sein Gedanke den Erdbal
insgemein
bildforschend umschweben mus, um die gegebene Stoffschau zu gewältigen
zur
Selbschöpfung. Sind aber Fleis und Liebe gar nichts werth, womit ein
Meister
das freundlich Nahe zu durchgeistigen ringt; hat nicht vielmehr das
Einzelwort,
schon im Sinne, den Gehalt eines Gedankens, dessen Entfaltung als
Wortstam sich
eine Welt sezt; wie die Bearbeitung einer einzigen Baumform in
üppigster
Mannigfaltigkeit Kunstwürde haben kan? – „Das geb‘ ich zu und weit mehr
noch.
Ich behaupte, das Deine al=irdische Landschafterei doch keine
gesamtländische
sein könte, höchstens in ortgemäser Reihe von Haupt= und Hochbildern
gedenkbar,
man müste den wilkürlich, kek einbildnerisch verfahren. Heimatliche
Beschränkung ist demnach nothwendig; nur in der Muttersprache sol man
dichten.
Also erkenn‘ ich deutsche Landschaft an, wie [147] deutschen Volksang, und eine
englische und nordische so gut wie Ossians
Nebeldichtung und die skaldischen Weisen. Auch gesteh‘ ich, das es dem
Malergemüth im bewustlosen Erfassen so geistreich gelingen mag als z.
B. die
Bedeutsamkeit des Heimisch=Ländlichen aus mehr als Einem Klengelschen Bilde mich anklang,
ferner,
das alles Wahre kunstfähig sei, aber viel zu selten find‘ ich das
Bedeutende
erfast, kaum irgend erschaffen.“ – Da regstu frühe Wünsche in mir auf
und Dein
Ausdruck „Hochbilder“ gemahnte mich tief, wie sehr uns jene
Formgewisheit
fehlt, die noch in Handwerkmäsigen Gebilden der Alten mit der Gebärdung
hoher
Urbilder durchblickt. –
„Das macht, in jenen Sterblichen klang das
Geheimnis
der schönen Gestalt in hellen Tönen an und so heraus. Der Mensch, der Erdengot war das
höchste
Gebild, wozu der himlische sich auch bequemen muste, den man
herabgezogen, so
wie das Leblose darin unterging, das man heraufzog. Sie hatten Berg=,
Feld=,
Wald=, Baum= und Quel=Menschgötter und landschaftliche Sinbildung
genug, aber
kaum Landschaft in unserm, freilich ausgestorbenen Sinne.“ – O, nimmer
ausgestorben! Deine Düsternis verschmäht nur das Heitre, was du selbst
andeutest; jene befreite Begeisterung, die wol christlich heisen darf,
weil
sie, nicht mehr befangen in enger Menschenform, hinter aljeglicher
Gestaltungen
Fülle den Ewigen anschaut, der in Allem der Eine ist, und ihr Gebet an
ihn
nicht mehr in die kümmerliche Schrift der Menschgebärdung allein zu
bannen sich
begnügt. Doch für dies Loblied alles Erschaffenen das Urtonmas
(Generalbas)
herauszuhorchen, darauf, als festen Grundgewölben, die Klanggebäude
sich
erhüben: dazu wären jene Hochbilder, als so viele Geister unsrer
Himmelstriche
und ihrer Stätigkeit gleichsam in mythische Würde tretend, ein Anfang
recht für
unsre Zeit, der ja, wie das Tonschöne (Musikalische) überhaupt, so im
Gemälde
die Landschaft am nächsten liegt als derjenige Stof, den sie nach
kunstgeschichtlicher Entwickelung vollenden sol. Freund unsre Kunst ist
nicht
selenloser, sie ist geistiger geworden in ihrer Aldeutsamkeit. –
„Führwahr eine
verheisungsvolle Ansicht; nur las die Formlosen sie nicht misbrauchen,
die sich
die Kunst erdeuten wollen und Sinbild geben stat des Bildes, deren
eigne
Entstaltung nie dahinauf gelangt, wo Gehalt Gestalt wird.“ – Das eben
ists, und
hier erinr’ich freundlich an Hartmans
„Erlkönig“ vol werdender Gestaltung, wiewol nicht ohne Vergunst des
Göthe’schen
Gedichtes: denn freilich, aus dem Wahrhaftigen wil das Bedeutende
erfast
werden, das allein zum Ziele führt. Das Bild war vor Jahren auf der
Ausstellung: Du hast doch die jetzige besucht, und was sagstu zu den
Naturgemälden von Dahl? –
„Ich war
nicht in allen Zimmern, aber ein Streben nach Bedeutsamkeit hab‘ ich
algemein
wahrgenommen, und diese Gegenden sprachen mit dreister Naturwahrheit
mich an.
Sie sind gewählt, erfast und geben Handlungen, ja Thaten der Welt im
Freien,
und an dem Schiffbruchmorgen lob‘ ich besonders den Man, der
rettungsmüd
entkommen, auf dem Felsgestade sitzend in sich hineinschaut, recht als
ein
Geist und Spiegel der Ortsele des Bildes. Den ich tadle die nackte
Landschaft,
die immer den Beschauer sein eignes Ich in ihrem Augenpunkte zu
spiegeln
zwingt, der doch nur in Bezugsetzung auf Menschheit menschlich
verstanden
wird.“ – Auch da begegnen wir uns, Ich halte die einsame [148] Landschaft für seltener ächt,
und fordre sie zumeist
als wahren Leib einer Menschenhandlung, eines Gemüths, wie die
mitgeltende Oertlichkeit
im Gedichte. Ja, sofern wir allerdings die äusre Welt im Freien nur im
Einklange mit unsrer Ausenheit verstehn, die eigne Gestalt, den ihren
unwillkürlich eingebärdend: wäre zu forschen, wiefern das Gliedmasliche
in
Verhältnissen der Formen, wie das Gebärdige, wieweit das
Menschformliche
(Anthropomorphische) überhaupt in der Landsch. anwendbar sei, damit
alle
Gestaltsamkeit menschlichen Wesens, in mächtigen Urformen dargelegt,
darauf in
den engeren Kreis der Mithandelnden zusammengetreten, zuletzt in einer
Hauptgestalt ein Antliz fände, daraus die innere Schau uns mit der
Gewalt jener
himmel=höllischen Welt= und Christusbilder, wie sie vor Michel Angelo
und
Rafael nur unsre Altdeutschen gewagt, verklärt entgegenleuchtete. –
Doch wie,
hastu den Friedrichs
Winterlandsch.
mit gesehn? – „Nein.“ – O so las uns eilen, noch ist
es Zeit, wir gehen
hier
rechts die grose Treppe hinan auf den Garten. Ich wil es nur gestehn,
das ich
dahin dich geleiten wollte, zu einem Kunstgenus, der dich so recht
empfänglich
fände. Sieh da, die Sonne wirft noch warme Lichtblicke über die Brücke
dort am
Elbgehäge hinüber, das die Gehänge hinten im Glanze deutlich stehn. Wir
haben
wol die volle Stunde noch. So las uns vollends hinauf und eintreten;
hier immer
durch, links ins Professorzimmer. Nun stell‘ Dich her, schau und
befreunde
Dich! –
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„Nun,
trübe genug ist der Himmel, und grel ists auch: die zwei dunkelnakten
Baumstämme vorn aus dem Schneegrunde, und oben wie abgesägt vom Rahmen,
stosen
ab mit ihren beschneiten Zackenästen. Sie schneiden das Ganze so schrof
dreitheilig durch. Doch in der Mitte die gothische Bogentrümmer, so
überhoch in
dreifaltiger Durchbrochenheit, trift mich; sie steht recht ehrwürdig
über dem
verfallenen Gemäuer um den Eingang unten.“ – Und siehe, wie dahinter
das letzte
Abendrot verglüht und im Verlöschen durch dickvernebeltes Waldgeäst im
Hintergrunde schimmert, das die seltsam rotblauliche Dämmerung gleich
einer
Ahndung auf dem Ganzen ruht. Und wie malt sich der Gedanke, auf den
blendweisen
Schnee die schwarzen Trauermäntel zu setzen, die unten links heran ins
Kirchlein ziehn, beim offnen Grabe vorn vorbei. Dieser Zug allein
verbände ja
das ganze, das auf die Kirche sich bezieht, und dieses Bild im Bilde
solten die
Stämme davor uns aufthun. Auch stehn dergleichen Bäume rings herum. Las
uns nur
heimisch werden auf diesem Kirchhofe. Man möchte herumwaten im harschen
Schnee
durch die Gräber und sehen wie alles öd, ein Bild des starren Todes
ist. Sehr
einsam mag es sein im Walde hierausen. Da sieht man keinen Fustrit und
Niemand
denkt daran, die umgesunkenen Kreuze aufzurichten, die steinere,
angemoste, die
lezte Kunde längst zerfalner Herzen sind. Nur hie und da im Vorgrunde
sind
falbe Grasspitzen, aus warmer Schnedecke hervorsprossend und grelgrünes
Mos an
schwarzem Gewurzel des Lebens Zeugen, das im Verborgenen quillt, auch
in den
Baumgerippen, die den freien Waldplaz einschliesen. Aber dort nach dem
Kirchlein zu ist ein Ast herabgebrochen und eingeschneit; die Stürme
mögen oft
hier sausen, und grimkalt mag es sein, das sieht man den Ge= [149] sichtern an. Sie aber
schreiten langsam in Wendungen
des Gesprächs: die Trauer mus ja ihr Recht behaupten, und, feierlich
gemessen,
den Frost durchschneiden. – „Sie ziehen parweis, alle schwarz
gekleidet: mir
scheint das Ordenstracht.“ – So ist es. Die Väter eines benachbarten
Klosters
mögen dem Bruder hier die lezte Pflicht erweisen. Den einen Sarg tragen
die
Vordersten, die auf dem dritten Stuffensatze schon im Eingange selbst
den
Rücken wenden. Und bedeutungsschwerer konte sein Anblick nicht gewählt
werden,
weil er, des ganzen Zuges Endursache enthaltend, erst seitwärts hinter
dem
Stamme her, dan gewendet nach den Stuffensätzen, die gradaus
hinanführen, alle
Fristen des Hintragens in eine Stellung zusammenfast, wo er, in seine
Rückseite
geschwunden, in die Sichthöhe (Augenpunkt) des Bildes selbst gehoben
würde, als
freilich aller Erdenaussicht letztes Ziel, wenn nicht das gothisch=hohe
Thürgewölbe die innere Welt des Heiligthums erschauen liese, alwo über
dem Hochaltare
der gekreuzigte Mitler herniederblikt, vor dem die Kerzen lodern, und
unter ihm
der älteste Bruder mit gesenktem Buche wartend steht. Er ist
hinaufgetreten in
Würden des Hochamtes und wil den Segen des Himmels aussprechen über den
Geschiedenen, den sie wol alle geliebt haben. Ja, wie dieser Verklärte
selbst
scheint er mir dazustehn, des herschauendes Antlitz die Gedanken aller
Hinziehenden spiegelt, die den geliebten Geist noch festhalten in
Andacht. –
„Du redest wahr. Es ist die Abendfeier allen Seins, die Wende zwischen
Tod und
Leben, und wie der Sarg izt über der Schwelle schwebt, so stehen Zeit
und
Ewigkeit im Gleichgewicht.“ – Ja, dieser Sarg ist ein Schneidepunkt des
Todes,
der das ewige Hinschwinden des starren Erdewinters, den aus der
Raumunendlichkeit
uns der Rahmen ausen vorhält, zu einem unendlichen Werden jenseits
steigert;
und sühnt dieser himlische Zündstral aus kaltem Schneelichte, nicht
allein mit
allen Schrofheiten in Form und Färbung dich aus? – „Volkommen, mich
deucht ich
fühle ganz das liebe fromme Bild, ja, diese Schrofheiten offenbaren mir
sich
nun als nothwendig, um aus dem Tode das Leben zu verklären. Erscheint
ja doch
der freie Lindhof als milde Friedstätte in der Wildnis
und ragt das Kirchlein nicht inmitten der
gesunkenen Male und sturmgeneigten Stämme mit der Ernste der Ewigkeit
fest
himmelan? Und wen das düstre Erdschwarz umher freilich das schwer
getragne
Todesleid versinlicht, worin die blühendsten Gestalten untergehn, so
mag das
weitverschleierte Gefild wol jene Wonne des Harms, die leuchtenden
Thränen
bedeuten, darein lebendiger Liebe Gedächtnis, als in ein köstlich
Leichentuch
den theuren Leichnam einhüllt, gern dem weisen Schnee zu vergleichen,
da es so
unschuldig rein ist, als wahr die Liebe gewesen. Doch im rosigen
Lichthauch
oben, schwebt über allen der Entrückte noch mit Weihen der Andacht nah.
Es ist
der lezte Flügelschlag des Engels, der bald, wen nur die Nacht vorüber
ist, in
Morgenglut verjüngt aufleuchten sol!“ – So ist es. Und wen sich nun
zeigen
läst, das dieses Schwarz, Roth, Weis genau zusamen stimme, das, wie
Nacht und
Licht die Bedingung aller Farbheit sind, das Roth zuerst als Farbe in
der Mitte
steht, das dieses Verhältnis urhaft in aller Welt begründet, und im
Irdreich
(welches allein uns feste Musterfarben giebt) am ersten Urgestein
(Granit) vor
Augen liegt? In diesem ersten Dreiklange ist alle Far= [150] benwelt beschlosen. Das
Schwarz vergattet sich mit Weis
zu Grau; mit dem Roth aber wird es Braun; hinter dem Weis zu Blau, das
wiederum
mit dem Roth zum Violet verdämmert. Wie zart sind diese Übergänge hier
gehalten, wie dreist wahrhaftig die Färbung an allem, an den
umgetretnen
Stuffen, an Stam, Gemäuer, Himmel, Schnee, Mos und dem frostfrischen
Erdgrabe,
an Brettern, Seil und Spaden daneben. Und jener Dreisaz waltet hier
durchaus: 3
Räume, 3 Gründe, 3 Stuffensäze; dreifach überragt das Bogenwerk die
Halle; 3
Lichter brennen; auf zweien ruht getragen der Sarg, gleichwie der
gothische
Bogen so sich abschliest. Das Mas der Räume dürfte Wurzel= und
Würfel=Zahlen
ergeben. – „Das fühl‘ ich alles, und welche Enden hier gebunden sind;
vom
Grabe, das unten dem Rande nah sich aufthut, bis wo der Eiszapfen
herabhangt im
Bogengipfel; vom Schneegeflimmer drausen bis zur Kerzenglut; von den
Todtenkreuzen zu dem Kreuze des Altars, und wie da Bild in Bild sich
unabsehlich spiegelt; das Dunkel im Licht; die Trauer in Wonne; die
Zeit in der
Ewigkeit. Den der Sarg, was ist er anders als das lezte Gotteshaus, das
der
Mensch sich bauen läst hienieden, und die Kirche selbst, die wie ein
festes
Eisgedrus zusammentrit aus zweifelhaften Formen ringsumher, was anders,
als ein
heiliger Schrein um den Leib des Hern; uns aufgethan, damit alles ins
Heiligthum verschwindet und als in inrer Anschau wiedergeboren
zurückstralt vor
ihm, des Klarheit sich in uns allen spiegelt mit aufgedektem Angesicht,
und wir
werden verklärt in dasselbige Bild von einer Klarheit zu der andern,
als vom
Geist des Hern.““ – Und sieh nur, wie so schlicht das Ganze? – Was hie
erscheint, ist wahr, es kan, es mus sein, und trit zusammen ungesucht
in
höchste Bedeutung: das Schöngedachte ist wahr geworden, das Wahrhaftige
wirklich. Auch die leergelasne Seite rechts hat ihren Zweck als ein
Gedanken=Hintergrund gleichsam die hohle, tiefe Grabaussicht einer
Zukunft, die
kein Bild mehr hat, nur Todenmale. Du siehst, der Gedanke ist nicht
anmaslich
in die Schwebe gestellt mit Bleigewichten, er hat sein Gesäs[D],
wie
jeder
menschliche, troz aller Ausgewogenheit. – „Ja, alles ist
hinaufgeläutert zum
Frieden aus herben Gegensätzen des Lebens, das Freude nur mit Schmerzen
giebt
und zu der Liebe den Has. So will ich den gern glauben, das hier ein
reiner
Geist geschaffen habe, freiständig über der gemachten Frömmelei, die
auch den
geschaffensten Stof nur – antasten kan. Aber wie heist den das liebe
Bild?“ – Da
bitten wir den Hern hier neben uns um Auskunft aus seinem Büchlein.
„„Sehr
gern: Grabtragung des Bruders zu der Kapelle Trümmern am Waldesende,
Winterlandschaft im Dämmerlicht, Oelgem. erfunden von C. D. Friedrich. Wir theilen, seh‘
ich, unsre Neigung.““
„Ja,
es scheint algemein anzusprechen, doch, erlauben Sie, Ihre Aussprache
erinnert
mich Sie in A. bei meinem Bruder gesehn zu haben, und ...“
„„Ich
komme daher, und sind Sie es selbst, so mus ich nur um einen dritten
Ort
bitten, um Ihnen Nachrichten mitzutheilen, die Sie höchst angenehm
überraschen
dürften.““
[151] Nun siehe Freund, wie konnt‘
ich glücklicher Dich
führen?
„Ich
danke Dir; Du hast mich erheitert, indem Du mich erhobst; das
Erfreuliche trift
mich in schönster Stimmung, und ungern trenn‘ ich mich von diesem
Bilde. Man
ruft, geschlossen!“
Ja,
es ist 6 Uhr, und heute wird die Ausstellung geschlossen.
„Für
immer?“
Auf
dieses Jahr für immer.
Gotlieb
Heldunkel.*
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