Pindar’s gröster Sieges=Sang, der vierte püthische,
auf Arkesilaos von Kürana.


....Gentum potiore signis
Munere donat.

Verdeutscht und neu gewürdigt, als eine Probe des Anhanges
im Urmase,
von  Karl Wildenhain.



(Die Kürzung der mit (   ̯ ) unterzeichneten Stamlaute bezieht sich allemal auf den benachbarten mit (    ̣ ) bezeichneten Überton. Das Zeichen (   ̰ ) wil eine Dehnung des Lautes im Vortrage. Das Häkchen rechtshin () vereinfacht einen Doppelklinger bei kurzem Lauter, wie umgekehrt die Griechen durch Verdoppelung längten.)







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(Stol 1.)
Heute nun ja solt mit dem Manne so lieb
Stahn du, Renroslands mit dem Haupte, Kürana‘s, ob zu Siegseinzuge mit Arkesila̰s,
Musa, Lato=Kinden erpflichtete wie Pütho‘n du hauchst an Kühlte
* Hochsangs.
Dort sie einmal an ergüldete Zeus=Adlar’n dahinsas
Und, wie abheim mit Apol traun sich befand, die Heiligin
Sazte Siedlungsweihr Batto’n fruchlicher Au’n Lü̯biạs, wie er izt,
Lies das heilig‘ Eiland er heim, aufbaune Renwagenstadt
Hinob an helweislichte Brüstung.

(Gegenstol 1.)
Und Medeia’s Wort ma̯chet‘ eilen herạn
Auf das sieb’n und zehnte Gesip noch heran von Thära, Aläta̰s, wo es sein al=erglüht
Kind gehaucht einst aus unersterblichem Mund, sie, Kolchos Herrin, sagend also
Götlicher Art I=asọnischen, Sperwehrmannes Schiffern:
„Höret o Söhne so hochmuthvoller Held= als Götter=Eh;
„Sage wahr, aus hie Gewog=umschlagener Au, das Epasische Maid
„Städtebau’s Wurzlung veranpflanz‘ einst von Man=werther Art,
„Bezwi̯schen Ammon=Zẹus Gehöftung.“

(Abgesang 1.)
„Wann um Meerschweinlein zu Gehüpfe beschwingt, Ross‘ izt man eintausch hie vol Hast,
„Zügel um Rudergeräth, Renzeug dazu handhabe vol Eile des Sturms.
„Jener Arnṵng Ende sol dasein, da es Städten in Macht
„Mutter einmal sein würde, Thära, so zuvor, Tritonischem, au̯sbrüchigem
„Sumpf nah, da Got=ähnlich erschienen ein Man, ihm bot vom Erdreich
„Gastgeschenk, der bọrda̯b izt, Eufam, sich erhub,
Aufgrif - heilsam auch daro̯b ịhm Kro̯nos Sọhn, Zeus der Herr, anklang mit Donnrung -

(Stol 2.)
„Weil, da Ankers Last mit der Ẹrzbeki̯nung
„Man schi̯fạnhieng schon er herạntri̯t, an Argo’s Eil die Züglung. Tage die zwölf bis anher
„Hatten wir aus wölbigem Meer ja geführt, entlang ob Erdrücks wüstem Einöd,
Meerischen Kiẹls Geblo̯k, unseren Ạnraths aufgewuchtet.
„Siehe, des einsamen Orts Urgeist herankam, würdigen
„Mannes aldurchlachtig Antliz habend an ihm, ja begann er in Huld
„Worte viel, wie fremden Ankömlingen Mildthätige
„Künden Malzeit an bevoraus.

(Gegenstol 2.)
„Doch der Einwand schön zu gelangen anheim
„Gönnte nicht Weilung. Das er Ẹurüpülos, Erdwältigers Kind, ụnschwa̯chen Ạnschme̯terers,
„Sagt‘ er an, wahrnahm er, es heische die Fahrt: alsbald, wie ers aufrafft vom Acker,
„Rechts mit der Hand was er hob zu Geschenk sich rührt‘ er reichend.
„Noch ja verschmähte der Held, vielmehr Strand=an hinan gesezt,
„Hand um Hand ausstreckend ihm hin, fassete Scholle die geisterische.
„Höre nun aldie, hinausentschwemmet aus Schiffes Hohl,
„Dahịn im Meẹr sie gehn, mit Abends

(Abgesang 2.)
„Angeplätscht in feuchtiges Haf mit hinein. Fürwahr doch antrieb ich so oft,
„Lässig in Müh, die Bedientmanschaft um Obhut: sie ja vergasen im Haupt,
„So das hie nun, ụnschwa̯ch er, Holm=an sich ergos, Lü̯diạ’s
„Offener Au’n Ursam‘ in Unzeit. Wen daheim sie traun schmi̯s hinẹin zu der Höll‘
„Erdschlund‘ hina̯b, heilige Tạinaros erst, Eufam, betretend,
„Sohn des Streitrosherrn Poseida’ns königlicher
„Welchen einst Europa die Tịtüerin zeugte, Kafiso’s Gestad nah:

(Stol 3.)
‘s Vierte, Sohn um Sohn das erzeugete schon,
„Sein Geblüt, nahm ein da mit Danischen ihm solch‘ offne Binlandschaft: wo es al ja in Macht
„Wird im Aufstand sein, Lakedaimon und Argos Meerbebuchtung und Mükäna.
„Nun doch in anderem Bet gewi̯n Ạbkunft er von Auslands
„Frau’n die erlesene, so hieselbst in Ehr mit Götterhuld
„Kommen Eiland=wärts, gebär’ ihn Helden, gewitterumblaueter Au’n
„Herscherhaupt, als den im algoldvollen Hochdom noch einst
„Föbus anmahnt auf Gewissen

(Gegenstol 3.)
„Wan zu Pütho’s Hall‘ er hinabschrit: einmal
„Fürohin Schifrüstige viel zu beziehn auf Neilos Heim, dies feiste Geheg Krono̯s Sọhns“
So Medeia, so mit der Red‘ Ergus: all‘ aufspäh’n bewegungslos geschweigsam
Weigande, Götter an Art, so gediegn‘ Auskunft erhorchend. -
Seliger, o du Polümnastling, Dich in sothanen Worts
Weihespruch sazt‘ ein die Delfos=Biene, da frei, unerheischt sie erhallt
Und mit Heilwunsch dreifach an dich rufend, ausfündigen
Damit erhellt, Obherrn Küranas,

(Abgesang 3.)
Dich, den Mislaut’s halb sich erkundigenden was wol zu Gotablas geschäh‘:
Und, gewis auch ạnoch ịtzo, gleich des alrotblumigen Jahres Erblüh’n,
Jenem Abstam grünet auf, ein ạcht Gescho̯s, Ạrkesila̰s:
Dem der Apollon, dem die Pütho Dank bevor Beisassen umher hat erkant
Auf Rọsbere̯nung: worob Ihn sodan Ich weih’n wil den Musen,
Wie das algolgüldne Störvlies auch; den alhie
Seit hinausschwam ’s Heer Mi̯nüạ’s: wie er hoch war verhängt, ist Ruhm gepflanzt ihm...usw.

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Jena im Sommer 1823. -





 Zu zeigen, wie Pindar‘s Dichtbilder in deutsch empfundenen Wortes Kraft sich bewegen, solte hiemit versucht sein. Wer von den S[ch]wierigkeiten hier einen Begrif hat, möge fühlen, das die Formen dafür in unsrer Sprache noch herausgebildet sein wollen und urtheile dem gemäs. Auch dem Griechen war Pindar kaum verständlicher als uns etwa Klopstok; man betrachte die Ausleger. Nur schade das obiger Eingang das Dunkelste vom Ganzen zu sein hat. Veranlast wurde dessen Verdeutschung durch die, nach unterdrückter Theilnahme schon jetzo gröser b[e]schlossene Ausführung meines Urmases. Man kan in Deutschland Alles versäumen, bey möglichstem Willen und Wirken dafür, zumal Kunst und Leben, und müßte anderwärts geboren sein um auch sein Unersezlichstes nur allemal zu retten.
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So war auch das „Urmas“ i. J. 1812. schon gedacht und benant, allein oft niederträchtige Schicksale verspäteten bis jetz, wo vielmehr
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reiche geschichtliche Lernungen entfernter Jahrhunderte die ordnenden meines Lebens sind. Vollenden aber wird es sich, sobald nur äusre Möglichkeit einer Formgebung, wie sie allein genügen kan, eintrit. -

   Wiewol nun für den Anhang im UM. allein unternommen, gewährte doch dieses pindarische Gebild eines vollendeten Tiefsinns so überraschenden Aufschlus des Allerheiligsten griechischer Lyrik,
ergab eine so neue, so gänzlich von allen bisherigen verschiedene, vielseitigst erhellende Würdigung, daß diese bei einer vielmehr berühmten als verstandenen Dichtung gar wohl Entdeckung heisen und es der gesammten wortgelehrten Welt so wilkommen, als allen Dichtfreunden erfreulich scheinen mag, wenn ich das Werkchen für sich, mit den Erläuterungen im künstlerischen Abschlus, herausgebe. - Genöthigt auf das Wesen von Dicht= Wort= und Tonmas dabei nicht minder tief einzugehn, als die vielfachste Kunstgestaltung darzulegen, möchte‘ ich zugleich die wenigen durch Freunde vermittelten Theilhaber am angekündigten UM. -
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noch nicht 40 an der Zahl - damit [61] vorläufig entschädigen, indes mein Buch, das ihnen überdies noch auf erste Bedingung gewis bleibt, weit Umfassenderes und Tieferes zu geben hat, als es schien das man vorausgesezt. -

   Wolte für dieses 10-12 Bogen starke Büchlein unter obiger Aufschrift ein Verleger, dessen Mangel noch aufhält, sich durch die Redaction der Isis an mich wenden, so wünsch‘ ich das es bald geschehen mag.
K. W.





[57]* Kühlte, Schifferausdruck für Fahrwind, z. B. in Hamburg. Das engl. gale. -













Isis: oder encyclopädische Zeitung / hrsg. von Lorenz Oken. - Leipzig : Brockhaus, 1824. - Sp. 57-62