einige Erläuterungen
Liebes = Gast.  [1]






















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Frischauf, tummele dich gut Röslein, über die Haide!
     Müssen gen Elberaschlos hinte soweit noch hinaus.
Liebchen in Elberaburg, schneeweis lehnt’s oben im Erker,
     Schaut ins düstre Gethal minnebeklommen hinab.
Hofft „er machte sich auf, o gewis mit der Abendröthe;
     „Wie lies er Treulieb schmachten aleine daheim?
„Trag‘ ihn wacker o Ros, du geschweigsam Dunkel umhüll‘ ihn,
     „Leuchtet o Sternlein bald heimlich im Osten herauf!“ –
Heisa, nu renne dahin durch Nacht und Nebel o Röslein;
     Ebene Bahn waldein; Wipfelgesause voraus.
Horch nur; Fitticheschlag: wie‘s durch die Gewölk‘ anwimmelt!
     Kraniche sinds; wohinaus? glückliche Reise voran!
Windschnel Kranicheflug, blizschnel sind Minnegedanken;
     Jage du Ros blizschnel hinte gen Elberaburg.
Liebchen im trauten Gemach facht warme, lebendige Glut an,
     Spricht wol, niedergebückt schürend das helle Kamin:
„Hu wie’s friert; laut sausen die Burghoflinden im Herbstwind,
     „Plötzlicher Regen, oweh, klirret die Scheiben herab!
„Leuchtete Volmond nicht die Gehäg‘ und Schluchten herunter,
     „Wäre die Nachtwalfarth heute doch alzugewagt!
„Aber gelangt‘ er anheim, sol Nachtherberge bereit seyn,
     „Für die bestandne Gefahr desto ’ne  seligere.
„Schlinge die Aermlein beyd‘ inbrünstiglich um den Erfrornen,
     „Gebe dem Röslein auch goldenen Haber genug!“ –
Hurra, du Ros, darum eil‘ unermüdsam brause von hinnen,
     Thalab steinige Bahn, Regengeprassel voraus,
Felsen hinan; Abgründ‘ entlang: krachts unter den Hufen:
     Rücke die Trens‘ alsbald schwingstu gelenk dich hinum.
Horch, wie’s lautauftost: Waldstrom ist wilde geworden.
     Kenstu das Silbergeblink? frisch dahinuntergesezt!
Eiskalt schäumts; arbeite dich auf, arbeite getreu Ros,
     Rudere flink dich hinaus; rüstige Wage gewint!
Wogte die See statt Nebel umher aldurch die Gebirge:
     Flöge von Höhe zu Höh Liebe doch ohne Gefahr.
Pfeilschnel Wogenergus, blizschnel sind Minnegedanken:
     Jage du Ros blizschnel hinte gen Elberaschlos.
Liebchen im öden Gemach, gar kleinlaut, stützet das Häuptlein,
     Herzchen im Busen, es schwillt bänglicher immer empor.
Hofft und fürchtet und hofft. Burgmütterchen aber daneben,
     Sizt, und spint langaus, trübe vom Lämpchen erhellt,
Unter’m Spillegesur graunhaftige Wundergeschichten,
     Wie Frau Holla genung nächtliche Reuter gelokt;
„Hold anfangs, mit dem Irlichtlein, jedoch al die Bethörten
     „Fand man am Felsabsturz, oder gewürgt im Morast.“
’s wüthende Heer tobt über die Burg; unheimlicher Umgang,
     Thür = und Fenstergekrach regt sich im alten Gebäu.
Tritfest schreitet es an; treppauf; nun klingt es – er ist es: –
     Ha, sein Geist nur trit blutigen Hauptes herein,
Hebt die bedrohliche Hand; sinkt ein – aufächzet die Arme;
     Tödlichen Falls Wahnbild schaut die Gepeinigete. –
Greife gewaltiger aus gut Ros, durchfliege den Nachtwind;
     Donnr’e brüküber hinein, immer im Grunde hinum. –
[D]
Hörst du den Uhuruf? ’s  ist Mitnacht; leise, bedünkt mich
     Säusle, so wittere nur, Geistergelispel um uns.
’s Eist mich selber im Eichgrund hier. Vielfältige Geister
     Walten in Feu’r und Luft, Wasser und Erde gewis.
Menschenbehülfliche sinds, – auch bösliche wol: jedoch al der
     Uebergewaltigen ist Minne die Bändigerin! –
Unten im Holweg rents; dein Hufschlag jagte Gewild auf:
     Ros, warum also gebäumt? – spürstu die Geister etwa?
Solst verschnaufen ja bald, müd Ros, ha siehe, du dampfest!
     Dies allereinzigemal halte nur, halte noch aus.
Sieh, dich empfängt, mit der eigenen Hand liebkost die Geliebte
     Dir, dieweil du getreu Liebe befittigetest. –
Hundegebell, horch, Wächtergesang; Windstille mit einmal:
     Las ab; volmondhel raget das Elberaschlos!








1 - erschien unter:

mit dem Bemerk:

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Ich bitte übrigens dieses bereits 1813, auf das Versprechen Gedichtete, auch einmal Elegien, wen leider keine [7] römischen – aber vielleicht deutsche, zu geben, nicht für eine Probe meiner neuverhiesenen Wortmaslichkeit (Prosodie) zu misdeuten; wiewol es als Maximum dessen gelten kan, was nach bisherigen Grundsätzen zu leisten stand, die Übergänge zum volksliedlich=Freieren schon entwickelnd. Desto triftiger sei die Vergleichung mit dem nächst zu liefernden „Hektors Abschied“ Ein paar Aenderungen im Vorigen, während des Abschreibens beigefallen, sind, obgleich syllabisch, nicht urkundlich bedeutend.












Isis: oder encyclopädische Zeitung / hrsg. von Lorenz Oken. - Leipzig : Brockhaus, 1820. - Sp. 5-7


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