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Nur hoch voran, ich folg‘ o Meister keklich,
Auf Kuppenschnee durch starres Eisgefilde;
In Wolken zürnt Altmutter See dort schreklich,
Und malmet an der eignen Schos Gebilde:
In Lüften heult die Braut, doch unerweklich
Schläfts hier im Hölenohr: die Fahrt wird milde.
Der Firne Wunder hab‘ ich satt betrachtet:
So zeige nun, was in der Teufe nachtet.
Und
seigre Fahrt gings ab in frischen Wettern,
Rad und Gezeuge schnarchten sehr und gossen;
Wol auf und ab sah man die Lichtlein klettern
In Ganges Strich wo die Geschicke sprossen;
Gezähe klang; fern hallte dobrig Schmettern:
„Glückauf“ erschol’s in Firsten, Ort und Strossen;
Glückauf, gesunde Schicht in Gottes Namen!
„Das walte ja Got Vater, Sohn, Geist Amen!“
Und
aus dem Tiefsten gings in andre Tiefen;
Im Flötz hinauf durch Pflanzgetrümmerschichten,
Drin Elephant und Mammuth feste schliefen,
Und träumten uranfängliche Geschichten:
Wie mälig ab die Algewässer liefen,
Seit Feste sich aus Meer begann zu lichten;
Vom alten Graus und Lebens erster Weckung
Und neuem Wust in neuer Flutbedeckung.
Und
weiter gings: o nicht so nah den Düften
Wo Wasser ächzt im Sud und Schwindel packen,
Weil ewig Feuer kracht in Hölengrüften,
Erdbebenschwanger, daß die Wände schlacken: -
Wo kühle Salzquelzüge gehn auf Klüften
Las uns hinunter, in die festen Wacken,
Da Muschel noch und Pflanzenthier sich halten,
Und stille See’n ihr stilles Reich gestalten.
Da
standen wir im Urgestein, wo’s mächtig
Und meilenfern gelagert söhlig streichet;
Der Ruh Gebild, gedruhsighel, so, trächtig
Des glauen Erzes, Alpentief entweichet.
Die Ruthe schlug: blickhelle quol’s, wie prächtig
Demantgeperl auf aus Smaragden steiget.
„Nun trinke hier!“ ich that’s; da ward in Jugend
Mein Auge heil von Urquels Eisentugend.
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Und sah den Agt in Schöpfung liebedienen
Mit Kusbegattung; Silberbäumlein krochen
Goldfrüchteschwer von Blüteglanz beschienen;
Sah blitzig Blut im Kiesgeäder pochen,
Kobolds Gefüge star in Geistermienen;
Weltauge schien in Wonnetod gebrochen,
Wie farbenhel sich los die Töne rangen:
Alda belauscht‘ ich was die Geister sangen.
Wort
war Gestalt und die Gestalt Bewegung.
Ein tiefes Lied weissagte, klar wie Träume,
Aus allen Werdekeims geheimer Hegung
Welturbegin: da jauchzten al die Räume,
Ward Sturmgesaus die geisterstille Regung,
Jegliches Sandkorn ward zum Weltenkeime.
Jach auseinander stob’s, in Himmels Dunkel
Aufkrachte Weltaussaten=Sterngefunkel.
Und
wie ich schau, versenkt in selig Ahnen
Aus Lichte Licht, Gestirn aus Sonne zücken
Und klingen aus in helgeschlifne Bahnen,
Und Gotgefühle, die mich hoch beglücken,
Nun an des Führers Mitgefühl gemahnen:
Da mußt‘ ich ihm die Händ‘ vor Liebe drücken.
Sein bieder Antlitz stralte von Gedanken:
Wie hub ich an, o Meister, sol ich danken?
Dein
Name gilt im Bau der Norderwende,
Ihn rühmt der Hütner am Potosi=Schachte,
Dich preist was einsam schift an Südens Ende,
Wer aller Ding‘ und Sterne Lauf bedachte:
Wilst du Gesang? arm ist des Armen Spende!
Ihn glom Gelächel an und ich - erwachte.
Was klopft? herein! so früh, und nasse Wangen?
„Ach ernste Botschaft: Werner – heimgegangen!“
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Dieses
Glückauf wil nichts weiter sein, als etwa ein Stükchen edler Opal,
niedergelegt
auf den Denkstein eines sehr verehrten
Lehrers, dem der
Vf. sich hoch
verpflichtet fühlt; wil ein Gedicht nur kein System heissen. Freilich
ist das
Dargestellte in die Gränzen
bergmännischer
Kunstsprache gebant, aber
warum sol
diese nicht auch ihre Dichtung haben wie jede andere, da sie
volkthümlich ist?
Darf man nicht fordern, daß auch den gebildeten Laien in unserer
Krieger = Berg
= und Waidman = Sprache” nichts fremd anklinge? Wol aber wird das
Wissenschaftliche kunstfähig, nur so fern es [412] durchschaut und als Stof
durchgeistigt ist, weshalb der Vf., selbst
Laie, einige Rechenschaft seiner Bewustheit geben wil.
Da
der Gefeierte als Verkünder einer selbgeschafnen Wissenschaft
hauptsächlich
durch Lehre und Vorgang auf Tausende gewirkt hat, so muste er auch hier
als
Führer durch das Reich erscheinen das er geistig besas. Die Zuthat war
in
seiner Geognosie gegeben, und es kam darauf an, die höchste Bedeutung
aus dem
Erforschten heraus, und in das Unerforschte hineinzublicken, dem Ganzen
aber
Seine Eigenthümlichkeit bis zum Bildnishaften anzugebärden.
Das
erste Reimgesäz nun zeigt das Aeußere vom Aeußern, den eine Ueberschau
des
Erdbals im Ganzen als eines Schwebenden muste vorausgehen, und zwar
werden
atmosphärische Wirkungen zuerst erwähnt, weil sie uns in Schnee = und
Eis =
Gedruse, vielfacher Wolkenschichtung und Stürmen usw. noch täglich
einen
Wiederschein jener früheren Niederschläge in dichteren Massen und ihrer
Zertrümmerung vorbilden.
Das
zweite zeigt das Aeußere vom Innern, und der Bergman ist in Stand und
Würden
bezeichnet, indem zugleich die etwas unheimlich angekündigte Fahrt ihr
Schicksal und die gläubige Ahndung eines glücklichen Ausgangs findet.
Die
drei nächsten Gesätze sollen nun die drei Hauptbildungszeiten in
umgekehrter
Ordnung veranschaulichen, und besonders wird in der des Uebergangs auch
W’s
neptunistische Ansicht der vulkanistischen gegenüber gestelt, eine
praktisch
wichtige Entdeckung dankbar erwähnt; sein treues halten an Thatsachen
nicht
vergessen. So liegt die Urzeit in ihrer krystallinischen Bildung und
Erzführenheit als Grundfestigung des Ganzen da, und hier, in diesem
Demantkerne, quilt der wahre Geist der W’schen Ansicht und das rechte
Krystalwasser der Dichtung selbst, welche von hier aus frey sich
erhebend, das
Todte zum Gipfel des Lebens hinaufläutert - Mit Magnetismus (der schon
dem
Ruthengänger in den Händen lag), wird begonnen eingedenk der
unendlichen Beziehungen
die an dem Worte haften, welches hier als Weltgedanke der Liebe im
ganzen
Umfange, als Attraction überhaupt, als Lichtgesetz der Schwere, in dem
alle
concentrische und stetige Gestaltung schon bedingt liegt, auftretend,
die
geheimsten Berührungen der stofflichen und der Geisterwelt zugleich
andeutet.
Nun wird durch Dendridenform ins Organische emporgestiegen mit
namentlicher
Erwähnung von Sonne und Mond, und bey dem scheinenden Blüthenglanze mag
man
nach Belieben an das blumige Anschießen, an Metalglanz, an
Lichtverwandschaft
überhaupt, oder an den Zeugungsgipfel der Pflanzenwelt gedenken, woraus
hier
der elektrische Funke durch die Kieseladern in den thierischen
Organismus als
ein lebendiger Puls hinüberschlägt, so das die bedeutsame Gestaltung
bis zum
Angesicht veredelt im Kobold erscheint, welcher Name hier als ein
bergmännischer Microkosmos unmöglich fehlen durfte. Denn er giebt ja
nicht blos
Menschengestalt, sondern reicht sogar in die Geisterwelt, wo hinüber
die
Vollendung des Lichtempfänglichen Organismus auch hier als brechendes
Weltauge
leitet. Dieses, „der Elementarstein“ der aus der Dunkelheit (auch nep=
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[413]tunisch) sich zum Lichte
verklärt und alle Farben
spielt, ist das Auge selbst, womit der Verklärte die Welt so hel sah,
und der
wahre Mittelpunkt des Gedichtes. In diesem Brenpunkte ist nicht nur
Mikroskopisches und Teleskopisches, ist selbst Stoff = und Geisterwelt
vereiniget, und an des Lebens äußerster Gränze, wo das Körperliche sich
auflößt
und alle Formen der Erscheinung ineinander rinnen, begint ein höheres.
Das Wort
vom Anfang thaut gleichsam auf aus der Erstarrung, und wird noch einmal
Schöpfung. Und die Wollust dieses Gedankens, der Welten aus Sandkörnern
schaft,
und sich in Lichtstrudeln und Sonnenwirbeln badet, scheint so unsinnig
nicht,
wen wir bedenken wollen, das alles Masverhältnis in Zeit und Raum nur
in
menschlicher Anschauung bedingt, vor dem Alewigen aber nichts ist. Nur
so
konnte es gelingen, den schweren Stof zur Dichtung zu beselen und
zugleich den
Schöpfer eines Weltgültigen Systems, dessen treue, sogar poetisch
tiefsinnige
Andacht zur Natur ohne wahrhaftige Religiosität gar nicht zu denken
war, in
seiner höchsten Menschenwürde zu ehren. – Auch der altgeglaubten
Beziehungen
zwischen Planeten und Metallen mag man dabey sich erinnern.
Aber
der Sturmflug der Phantasie wird sogleich in Bewustheit gebändigt, und
es sind
nur die Gesätze des Weltgerichtes die in dem Wetgesang der Sphären
scharf und
bestimt anklingen. Die Dichtung kehrt zur Wirklichkeit zurück, und nach
dieser reingeistigen
Würdigung durft‘ ich Ihm wol dankbar die Hand drücken, welche Kühnheit
leicht
in der Aufschrift selbst durch den Beysatz „in Vieler Namen“ um so
lieber zu
mildern wär, als das Gedichtchen Vieler Beyfal fände. – Endlich kehrt
das
Lied in den Grundton heim, und sein Weltgedanke wird noch einmal am
Erdganzen
auch hier mit Erwähnung der Polarität, gemessen, während die
freundliche
Weckung vom Schlummer auch die Todespost bedeutsam mildert. –
Wen
ich den Grabstichel führte, so wolt ich Ihn in alter Ehrentracht
abbilden in
einer Felsenbrüstung, etwas zurückgelehnt wie Er wol oft zu stehen
pflegte,
vorn das Gesicht vom Lichtgus einer abgewandten Blende seitwärts heran
beleuchtet, den Blick in den gestirnten Himmel nördlich hinausgewandt,
die Rechte
auf dem Ellenbogen und mit dem Stufenhammer ruhend, in der Linken aber
ein
streifiges Gangstück wägend, worauf ein Tessularsystem – in Krystallen
halbsichtbar eingewachsen wäre.
So
mögen Schlägel und Eisen, ganz ohne Zierrath und recht typenhaft im
Holzschnit
vorn darüber gedruckt und das Hüttengezähe darunter – Anbruch und
Aufbereitung
in schlichter Einfalt am würdigsten versinbilden. – Der Druck mus
deutsch seyn,
was auch der Man war; und wären alterthümliche, urkundlich ehrenfeste
Buchstaben zu wünschen, wie man sie im Bericht vom Bergbau und alten
Berg = und
Landchroniken so gern sieht. Die Schreibung ist die vereinfachte,
welche jezt
algemein werden möchte. Er pflegte ja selbst auch auf so etwas mit
Rücksicht zu
nehmen, und da Er die Bibel, und besonders die Genesis fortwärend in
der
Ursprache zu lesen liebte, so dürfte es bezeichend scheinen, wen über
Luthers
Schöpfungsworte die Urschrift [414] gesezt würde. –
Viele Kleinigkeiten bestimmen den Gesamteindruck, und an einem Denkmale
solte
alles bedeutend seyn. Hier aber solte Sein Bild gegeben werden und kein
anderes.
Karl
Wildenhain.
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