am 24. Nov. 1830.
Karl Friedr. Wildenhain Privat.-
Gelehrter zu Gruna bey Dresden    


Allerdurchlauchtigster Grosmächtigster König!
Allergnädigster König und Her!

An ein Höchstehrwürdiges Älterhaupt des Hauses Sachsen ebensowol als an die Majetät seines Allergnädigsten Königs
Zurück zu: Leben / Studien zur Edda
wagt Unterzeichneter ein Gesuch, das Rechfertigung und Genehmigung allein von der hohen Wichtigkeit des Betreffenden, für das gesamte deutsche Volk, erwarten kann.
Ich fand in der altnordischen Edda, durch Umschrift in das älteste Dichtmas der Indier, Denkmale vom höchstem classischem Werthe; eine Bildung dem indischem, griechischem, römischem Alterthum auf’s innigste verwandt; tiefste Klarheit; hohen sitlichen Ernst; noch reinen, nicht abgöttischen, sondern naturgetreuen, unentheiligten Mythus; wichtigste Urkunden deutscher Geschichte, der Herkunft aus Indien pp.: alles in einer höchst lauteren Sprache, die kaum anders als uraltsächsisch zu nennen ist.
Wären nun auch heimliche Geselschaften fortwährend in Kentnis geblieben: so ward mir, welcher geheimen Gesetzen nicht unterworfen ist, der schöne Beruf, das Unterschlagene dem Volke zu retten. Da ich aber, nach vielen unmenschlich geschmälerten Jahren, nichts mehr dafür aufbieten kan als neun Jahre des Fleises, die eigenen Werken bestimmt waren: so legt’ich meine Entdeckung Sr. Königl: Hoheit dem Prinzen Mitregenten näher dar, wagte, das nicht unbeträchtliche bare Bedürfnis dafür Ihrer Königl: Hoheit, Prinzessin Augusta, zu vertrauen, und:
die Genehmigung Ew. Königl. Majestät, zu Förderung eines so schönen,
nur Einmal für Deutschland möglichen Unternehmens, zu erlangen,
ist die Hoffnung dieses unterthänigsten Gesuchs, um welches Sr. Königl: Hoheit allein weis.
Wen der Stat für commercielle Wagnisse des Einzelen, die mithin an Werth und Würde für die Gesamtheit des Volkes weit unterhalb des hier Gemeinten stehen, ungewöhnliche Summen verwilliget: So sind dagegen meine Bitten keineswegs öffentliche, an den Stat gerichtete.
Weder aus Auszeichnung noch Belohnung mach’ich Anspruch bei einer Angelegenheit die, jede Einmischung ausschliesend, nur als Privatsache gedeihen kan. Vielmehr bewogen folgende Gründe:
Zuerst ein Gefühl, das in Zeiten der Monarchie gerade Dinge volkthümlichsten Gehaltes nicht unschiklich der Fürstlichen Förderung verdankt werden.
Sodan der naturländische Wunsch, das auch dieses für deutsche Bildung Hochwichtige - nach einem Jahrtausende des Schwankens und Irrens um fremde Formen, die Urkunde ächtheimischer Dichtung! - von Sachsen wieder ausgehen möchte, zumal wirklich eine Erziehung aus diesem Volkstam unverläugbar.
Ferner die Scheu, so Würdiges von der zweifelhaften Grosmuth eines Buchhändlers abhängig zu machen und Verspätungen aufzusetzen die der Sache und mir Schaden müsten.
Auch schien es mir aufgegeben, nichts unversucht zu lassen, das die erste öffentliche Einführung in den Augen des In- und Auslandes, ohne ärmliche Verkümmerung, eine Würdige sei.
Endlich und vor allem, wie grausam auch meine Landsleute mich das Bestreben entgelten liesen, in Wissenschaft und Kunst etwas Allen recht Erfreuliches, Friedliches zu leisten: ein desto reineres Vertrauen in die Gesinnung des Erhabenen Fürstenhauses, dessen Unterthan ich mich rühme, in jene Achtung freier Geistigkeit, eines Zweckes an sich, die mir die Gewisheit verbürgen, ich würd es nie drückend, nie hemmend empfinden, für dieses Werk der Unterstützung bedurft zu haben. -
Der ich, in Hoffnung aller gnädigster Genehmhaltung, vol inniger Wünsche des treuesten Unterthans, in tiefster Ehrfurcht ersterbe

Ew. Königlichen Majestät


Gruna bei Dresden d. 16. Nvbr 1830.
(durch Krankheit verspätet seit Februar.)
  unterthänigst Gehorsamer,
Karl Friedrich Wildenhain
  d.ä. Privatgelehrter.




Brief Wildenhain an den sächsischen Prinzen und Mitregenten Friedrich August

Aus: "Geheimes Kabinett, Loc. 2412, Karl Friedrich Wildenhayn, Unterstützung behufs seines Vorhabens, die Geheimschrift der alten Edda zu ermitteln, 1830."


Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden



DruckversionHauptseite
Schriften: chron. / syst.
Voriges:  chron. / syst. Nächstes: chron. / syst.