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Saß
am Klippenübergange
Einst
ein Sänger jung,
Blickte
nach dem Wogendrange
Voll
Bekümmerung.
Und
die Saiten ließ er klingen
Weinend
unter seiner Hand
Und
ein Lied begann er singen
Wehgemuth
am öden Strand.
„Fahre
hin, du falsche Zitter,
Treulos
Saitenspiel,
Und
zerschell‘ in tausend Splitter
Sei
der Wogen Spiel,
Hab
am Herzen dich getragen,
Dich
gehegt so treu, so warm,
Ach!
und nur die eignen Klagen
Hegt‘
ich mir im eignen Arm.
Was
du laut hinausgeklungen
Schwand
in Windessaus,
Was
ich still in mir gesungen,
Singst
du nimmer aus.“
Und
den Arm hat er geschwungen,
Schwang
das Saitenspiel so hoch
Und
es wär‘ am Fels zersprungen
Und
verklungen im Gewog.
Siehe
da ein junger Ritter
Hell
im Stahlgewand,
Fing
ihm plötzlich Arm und Zitter
Faßt‘
ihn bei der Hand,
Sah
ihn freundlich an und lachte,
Sprach:
„Du Junger, zag und wild,
Was
Dich bald zufrieden machte
Weiß
ich manch ein holdes Bild.
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Komm,
o komm, im Rosengarten
Sollst
Du Wunder schaun,
Die
des Saitenspiels gewarten
Einen
Kranz der Fraun.“
Und
den Jüngling ohne Säumen
Führt
er aus der Oede vor
Unter
grünen Maienbäumen
Durch
ein grüngewölbtes Thor.
Ha,
wie morgendliches Prangen,
Blüthen
roth und weis,
Tiefgeneigt
mit süßem Bangen
Trat
er in den Kreis.
Augen
minniglich erhoben,
Milde
Wangen sah er glühn,
Und
den Himmel sah er oben
Und
die Rosen drunter blühn.
Und
erhob die Töne leise
Sang
so wehevoll
Sehnend
eine neue Weise,
Die
vom Herzen quoll.
Und
gerührt von fremden Sehnen
Wurden
schöne Augen naß,
Und
dem Liede quoll der Thränen
Süßer
Lohn ohn‘ Unterlaß.
Und
erhub die Stimme freier,
Sang
von Helden viel,
Frauenlust
und Abentheuer
Kampf
und Lanzenspiel.
Und
der Zitter Saiten rauschten
Lieblich
in den kühnen Sang
Und
die holden Frauen lauschten
Nickten
freundlich ihren Dank.
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Aber
plötzlich hielt er inne,
Neuen
Ton erhob,
Sang
von edler Frauenminne
Hoher
Frauen Lob.
Wie
des Stromes Wogen prächtig
Stieg
und rollte Klang und Wort
Und
Begeist’rung übermächtig
Riß
den eignen Meister fort.
Wie
er nun das Lied gesungen,
Ward
ihm hoher Preis
Und
aus schöner Hand geschwungen,
Manch
ein Lorbeerreis.
Ja
die schönste in der Mitte
Winket‘
ihn heran und schlang
Um
sein Haupt nach alter Sitte
Einen
Kranz zum Habedank.
Und
er bot sich ihr zu Füßen,
Glückes
übervoll
So
gewogne Hand zu Küssen,
Wie
ein Sänger soll;
Doch
die hob ihn auf und reichte
Züchtiglich
den eignen Mund,
Hei!
wie das den Sänger däuchte,
War
im Augenblick gesund.
Neugeschaffen
ging er wieder,
Hoffnung
und Geduld
Frische
Luft und frische Lieder
Gab
ihm Frauenhuld.
Und
ein Dichter ist er worden,
Weit
und hoch berühmt darob,
Solchen
hieß man aller Orten
Nur
den Meister Frauenlob.
Wildenhayn.
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