Das mir so gütig
überschikte mus ich von Ihnen und Ihren Freunden, auf Bedingung der
Wiedergabe versteht sich, wol annehmen.
— Indem ich nun zu herzlichstem Danke mich gedrungen fühle, vergönne
Ihre gewohnte Langmuth die Erörterung einiger Vorwürfe, die ich so viel
hören mus als wenig sie mich treffen.
Überzeugt, alles gesunde Werk, zumal in Künsten, sei nur ein Kind
vergnügten Daseins, hab'ich nie versäumt für selbthätige
Lebenssicherung mich vorzubereiten. Wiewol ich nun unwiederrufliche
Zeugnisse habe, das meine ganze Jugend gleichsam verkauft gewesen und
bei unablässig arbeitenden Kräften schamlos beraubt wurde: so fühlt'ich
mich doch im̅er reich genug zu eigenthümlicher Leistung und gedachte
schon 1813 eine akadem. Laufbahn einzuleiten, was kriegerische
Störungen und Pflichten zu glücklich unterbrachen. — Dan wurde nahe
gelegt, wie Anschliesung an gewisse, wenigstens geschuldete
Gesamtheiten, deren Herschaft so oft die mächtigere im Rate scheint,
am sichersten zu Mitgeltung verhelfe, worauf ich nie eingieng und
wahrscheinlich deshalb, troz allen Erwerbsmitteln, den drückendsten
Mangel schon damals erdulden muste. Mit festem Vorsaz, mein
Treuerstrebtes zur reinsten Form hindurch zu läutern, nahm ich
einsweilen eine Grundlehrer=Stelle in Hinterzimmern an und wurde von
Menschen, deren Stand und Vermögen auf schönste Bildung Anspruch gab,
aufs niederträchtigste gehandhabt. Zu meiner innigen Küm̅ernis zu arm,
an dem erneutem Kampfe Theil zu nehmen, aber entschlossen, auf
Mathematik, die erste Wissenschaft die einst den Knaben ansprach, mich
gänzlich werfend, sehr günstige Aussichten beim Wehrstande zu folgen,
ward meine blühende Gesundheit, wie erst durch
magnetische Mäkeleien, nun
auch
durch Vergiftung
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glücklich zerrüttet. Ich ersuchte Rettung, erlag aber einem
willenlosen, nach sicheren Anzeigen nicht unbewustem Hinstarren in
Ermattung, und wahrscheinlich solte noch Hunger mich tödten, als
jählings ein Frost mich erweckte, am siebentem Tage. Meine Hände erhalt
ich selbst; an den Füssen wolte man, auf mein inständiges Flehen das
rettende Schneemittel nicht anwenden, und äuserte dan: mit dem Soldaten
sei es nun aus. — Man schien sich höchstbedeutend für mich zu
verwenden: ich kam nach Berlin zu einem ärztlichem Freunde und lebte
noch 3. Jahr im väterlichen Hause, mit gescheiterten Plänen, verlornen
Lernungen, unfähig zu strenger Arbeit, bei Coäven des
Mittelalters, spielendem Zeichnen und, in lieber Gegend, am
Son̅enscheine nur langsam aufgenesend. Kein sichtbarer Vorwurf trifft
mich in jenem unseligem Hause.
[Blatt 2]Die
letztere Zeit war wieder schöpferisch: in voller Arbeit für
Werke, zog mich die Bibliothek, schon daheim benuzt, nebst dem
Wunsche, durch reine Kunstanklänge mich harmonischer zu
heilen, nach Dresden. Dort hätten mir erste Häuser offen gestanden,
allein der in̅ere Beruf versagte gesellige Genüsse, sogar der Kunst
anfangs, und mit ein par Stunden an Engländern
[?]
war mein ärmliches
Bedürfnis begnügt, bis unerwartet, mit dem Sandischen Eräugnisse, blos
leere Vertröstungen auf solcherlei Verdienst, der nie dort fehlen kan,
sich einstellten. Es würde betrübend sein, das namenlose Elend, die
Zersplitterung ernster Studienreihen, die neue Zerrüttung meiner noch
sehr reizbaren Gesundheit und den Kunstmord zu schildern, den diese,
wie es schien im Einverständnis mit meinem frühern Peinigern verübte
Unterdrückung zur Folge hatte. — Erst in jener Zeit legt'ich den
deutschen Rocke an, die Schwachheit nicht weiter schonend und gelangte
endlich hieher, in keiner andern Absicht, als, mich erholend,
nothdürftigen Erwerb zu finden und einige Muse zu anatomischen udgl.
Malerstudien; oder alsbald einen andern Ort, der solches gewährte.
Ich hatte ein Buch, eine Rhythmik, angekündigt, das ich vor manchen
liebem Jahre schon schreiben konte, allein ich weis nicht, aber
veranstaltet war, das ich nie die organische, geschweige gemüthlich
heitere Kraft zu einer Vollendung erschwingen durfte, ganz abgesehn von
hie und da wie es schien unterdrükter Theilmahme. Ähnlich wird noch
eine Shakespear'sche Übersetzung seit länger als anderthalb Jahren vom
Buchhändler zurückgehalten.
Kein Monat ist hier verstrichen, wo ich nicht geschrieben oder auf
Antwort gewartet hätte, die oft, gegen die gemeinste Humanität, bei
ungetrübten, auf gegenseitige Liebe und Achtung gegründeten
Verhältnissen, nicht erfolgte, da ich doch Quellen genug wissen
muste, wo eine Aushülfe kaum eine Zumuthung schien, da anfangs
ein Weniges gethan hätte, wozu nun Sum̅en erfordert werden.
Meine Lage ist also veranstaltet und hängt zusam̅en mit weit
verbreiteten Heimlichen, die, eingestanden, gegen besseren Willen eine
Bande bilden
müssen,
die mich den Has einer ganzen Kaste, aus Gewissensfurcht wegen der an
mir verübten Schlechtigkeiten, leicht überal in Deutschland möchte
wiederfinden lassen. Den ich weis mich sehr gut empfohlen und meine
unbescholtenen Zwecke hinlänglich gekan̅t, auch von lauschenden
Schurken. Experimentiertes Elend aber wirkt doppelt verderblich, als
Lüge von Haus aus. Warum hat man den nie den leichten nothdürftigen
Erwerb gestattet, der niemand einen Heller gekostet und mich vor jeder
Verlegenheit geschüzt hätte, bis ich, durch ein par selbständige Werke
freilich bedeutender, mit eintreten kan in öffentliche Verhältnisse,
wen man nicht durchaus befangen wil, wen man es ungestraft wagen darf,
mein rares Dichten und Denken zu beschnüffeln? — also wol jezt noch zu
bestehlen, wie früherhin? — —
[Blatt 3]
Meine
Tracht halt'ich für eine vernünftige, anspruchslose, die
Zinsbarkeit ans Ausland bekämpfende, anständige, als Waffenrok in
lezten Kriegen geheiligt, des Mannes würdige, den Vortheilen der
Uniform nahe; für die geschmackvollste, am wenigsten fratzenhafte jezt
vergön̅te, wie alle Künstler bezeugen; endlich angemessen dem freieren,
künstlerischen, in bürgerliche Kleinlichkeiten nicht befangenen Stande,
der nichts vorzustellen hat als seine Einzelschaft. Diplomatische
Verhältnisse liegen mir ferne, wären auch nie gegön̅t gewesen. Wer den
Menschen wil, mus auch sein äuseres Erscheinen anerken̅en, und wer mich
des Rockes wegen verschmäht, an dessen Achtung ist mir nichts verloren.
Übrigens wär'ich sogar für eigensin̅ige Sorgfalt im Äuseren gestim̅t,
erschien'es nicht lächerlich, der Folgen einer Unterdrückung sich zu
schämen die jezo beinah zur Beehrung geworden ist. —
Und wen sich nun erweisen liese, das meine dermalige Bemühung gar nicht
so aufs Gerathewol begon̅en, das Bezweckte, auch ohne mein Verdienst,
an sich schon, vollgültig wäre, historische Würde behauptete, in
unserer literarischen Periode gar nicht fehlen dürfte, Niemand
beleidige, den Dank aller verdiene, mir selbst keinen Vortheil bringe;
ferner, aus zufälligen, einfachen Gründen auch von keinem Landsmanne
auser mir gerade in diesem Sin̅e jezt geleistet werden könte, allein
auch nicht anders als mit unbedingter Hingebung an den vielseitigsten
Fleis, mit freiwilliger Verzichtung auf die Beehrung der Menge, mit
strengster Absonderung von der befangenden Zeit zu leisten sei, und das
jeder frechstörende Eingrif zu einer Schandthat am deutschen Treusin̅e
für Humanität werden müste — was ich alles dereinst zu erweisen mich
hiemit verpflichtet haben wil! — : wär'ich dan nicht im Innerstem
verpflichtet, einem solchem Berufe selbst auf die Gefahr mich
hinzugeben, auch die lezten Tage der Jugendlichkeit Genuslos,
vernichtet, bespöttelt, verfolgt und darbend mich hinzufristen, ja
vielleicht das künftige häusliche und öffentliche Glük worauf ich
vollen Anspruch mache, zu verküm̅ern? — Das sag'ich Ihnen; meine
vertrautesten Freunde wissen es auch, aber nicht weil
ich
es gesagt habe. — erstickt man aber die Fülle der Heiterkeit für meine
Schöpfung, so war die Schuld nicht mein, sondern derer die mich besser
zu ken̅en als zu verstehen vorwitzig genug waren, aber nicht halfen,
auch wo sie
kon̅ten.
Wie viele Mühe hab'ich mir seit 1816. und früher schon gegeben, nur
eine Übersetzung oder sonst literar. Mitarbeit aufzutreiben. Manche
Buchhändler haben mir auf angetragne Vorschläge gar nicht geantwortet,
und hinterher erfuhr ich, das es leid thue, so verfahren zu
sollen.
Ihre Güte schlägt meine Fähigkeit im Zeichnen, die auch bei Ihnen,
auser Hartman, Karus, Friedrich etc. die einzige Aufmunterung und
Gönnerschaft gefunden, zu
[Blatt 4]
hoch an. Noch kan ich mir selbst nicht genügen. Es sind fast 4. Jahre
das ich vergeblich nach Ölfarben lechze; es ist der dritte Winter, das
mir unmöglich war die unerläsliche Perspektive gründlich auszuarbeiten,
oder die Studien in Proportion und Physiognomik anzuwenden, vor welchen
ich nie mich Bildnismaler nen̅en kan. Zwei Jahre könten mich so weit
bringen als die Meisten sind welche nach Rom gehen, allein auch die 4.
bestim̅ten Stunden täglich sind längst unterbrochen und führen doch zu
nichts Abgeschlossenem ohne den Unterricht zu Überlieferung der
Technik. Wolte ich tagelang zeichnen, wo bliebe mir Zeit für die
Hauptsache, in der ich mehr und mehr versäumen sol?
Lektionen hab'ich hier gesucht, sofern ich dadurch armen Studierenden
nicht zu nahe träte, allein ich bekenne, es mislich zu finden, das
Einer trivial=Stunden gäbe, der viel etwas besseres thun könte. —
So bleibt mir nichts übrig als entweder die nicht eben ungeheuere, nur
aus privat=Gründen erfreuliche, sogar im Todesfalle durchaus gedeckte
Unterstützung in Deutschland zu finden, oder ans Ausland zu gehen, wen
auch mit Verlust noch mancher Jahre und manchen Glükes, doch nicht
gänzlicher Vereitelung meines Zweckes.
Schlieslich darf ich behaupten, das mein sitliches Mitleben
unbescheltbar sei und in sofern den Vernünftigen von meiner Seite
nichts im Wege steht. Kom̅'ich wenig in die Kirche, so kom̅'ich auch
nie in öffentliche Gesellschaft; gebietet mir meine Erfahrung, auch
sogar die Hostie nicht von einem Geistlichen anzunehmen, dessen
Persönliches mir nicht genau bekan̅t ist; vermeid'ich lieber selbst
geheilligte Gebräuche, wen eine entwürdigende Mystifikation dabei
vorläufig nicht zu umgehen wäre: so wird mir doch Niemand vorwerfen
kön̅en, das ich jemals über Religion und Kultus verächtlich oder nur
abrathend mich geäusert hätte. Noch Niemand hat Erklärung über den
Grund meines Verhalten verlangt. —
Haben Sie nun dieses geduldig durchgelesen, so versichere ich Ihnen der
meine Art sich zu äusern nachsichtvol ken̅t: es sei blos abgenöthiget
von dem Gefühle wahrer Ehrfurcht und unbegränzter Hochachtung womit ich
im̅er sein werde
Ew. Hochwolgeb.