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An einem
regnigten Abende im Winter 1815 war ich allein in meinem Zimmer, nahm
meine Flöte und blies. Nach einigen Minuten ward ich eine Maus
gewahr, die aus ihrem Loche hervorkam und auf den Stuhl, auf welchem
ich saß, zulief. Ich hörte auf zu blasen, und augenblicklich
verschwand sie. Kurze Zeit nachher setzte ich das Blasen fort, und war
sehr erstaunt, die Maus wiederkommen und ihre vorige Stellung einnehmen
zu sehen. Das kleine Thier sah sehr vergnügt und zugleich
verwunderungsvoll aus. Es krümmte sich auf dem Fußboden
zusammen, verdrehte [220] die Augen und schien in Entzückung
gerathen zu
seyn. Ich hörte mit dem Blasen auf und augenblicklich verschwand
es. Denselben Versuch wiederholte ich zum öfteren mit dem
nämlichen Erfolg, und bemerkte, daß das Thier
verschiedentlich afficirt wurde, je nachdem die Musik langsam und
klagend, oder munter und lustig war. Endlich ging ich aus, und alle
meine Kunst war nicht im Stande, das Thier wieder hervorzulocken.
Dieser Fall ist als Beweis für die Annahme einer Beobachtung
wichtig, die von Einigen lächerlich gemacht wurde, wie denn selbst
Gmelin, der nicht mit Linné annahm, daß „mus delectatur
musice“, diese Bemerkung in seiner Ausgabe des Natursystems von
Linné ausgelassen hat.
Dr.
Coxe.
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Obige Beobachtung dient
als ein hinlänglicher Beweis für die
des berühmten Linné, wenn auch nicht andere gleiche
Zeugnisse zu Gunsten dieser letzteren sprächen. Wir haben aber
eine gleich interessante Beobachtung der Art, welche sich in dem ersten
Bande des von dem seeligen Professor Barton
zu Philadelphia
herausgegebenen medical and physical
Journal Seite 37 findet, und die,
da sie nur kurz erzählt ist, wohl hier von mir aufgenommen werden
darf, besonders da in diesem Falle der Einfluß der Musik noch
ausserordentlicher als im obigen Falle war, indem der Tod des
Thierchens dadurch bewirkt wurde.
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[221]
Eine
Beobachtung
über den Einfluß der Musik auf die Maus. Von S. Cramer,
M.
D. in der Grafschaft Jefferson in Virginien. Mitgetheilt von
Prof. Barton.
Nachfolgender Fall ward
mir von einem wahrheitsliebenden Manne
erzählt.
Als eines Abends, im Monate Dezember, einige Offiziere am Bord eines
englischen Kriegsschiffes im Haven von Portsmouth ums Feuer
saßen, fing einer derselben an, eine klagende Arie auf der
Violine zu spielen. Kaum hatte dieses zehn Minuten gedauert, als in der
Mitte des Zimmers, nahe bei dem grossen Tische, der in den
Kajüten, dem Aufenthaltsorte der Lieutenants der Kriegsschiffe,
steht, eine dem Anscheine nach wüthende (frantic) Maus zum
Vorschein kam. Die seltsamen Bewegungen des kleinen Thiers erregten die
Aufmerksamkeit der Offiziere, welche einstimmig beschlossen, dasselbe
nicht in seinen Bewegungen zu stören. Die Anstrengungen desselben
wurden mit jedem Augenblicke heftiger: es erhob seinen Kopf, sprang um
den Tisch herum, und gab Zeichen von sich, als wenn es in die
größte Verzückung gerathen sey.
Man bemerkte, daß, so wie die Töne der Violine sanfter
wurden, die Verzückung des Thieres sich vermehrte, und umgekehrt.
Nach mehreren Bewegungen, die man von einem so kleinen Thiere beim
ersten Anblick wohl nicht erwarten konnte, hörte dasselbe
plötzlich zur Verwunderung aller Zuschauer auf, sich zu bewegen,
fiel [222] nieder und starb, ohne irgend ein Zeichen von Schmerz von
sich zu
geben.
Thatsachen, die der erzählten gleichen, aber meines Wissens noch
nicht so umständlich mitgetheilt wurden, finden sich bei den
Schriftstellern aufbewahrt. Linné
erzählt dieses Factum mit
zwei Worten, denn da, wo er von der Hausmaus (mus musculus) redet, sagt
er „delectatur musica“. Siehe Systema Naturae, Bd. 1. S. 83. Nro. 13. Cmelin
hat indessen in seiner Ausgabe diesen Theil von Linné’s
Beschreibung ausgelassen.
Barton.
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