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Die
Schriftsteller der verschiedenen Zeiten haben dem Alp, den sie für
eine Nervenkrankheit
der Athmungswerkzeuge hielten, mancherlei Namen gegeben, und ihn von
den
mannigfaltigsten entfernten Ursachen hergeleitet. Der gemeine Mann, als
Freund
des Wunderbaren, schreibt ihn dem Einfluß irgend eines bösen
Geistes zu; und
auch in unseren Tagen haben wir gesehen, daß das Volk immer Volk
bleibt, und
daß alte Schnurrbärte, die bei Bellonen’s blutigem Spiel nie
gezittert hatten,
beim Anblick eines eingebildeten Ungethüms zum erstenmal Furcht
fühlten, und mit
sträubendem Haar entflohen.
[674] Das
erste Bataillon vom Regiment
Tour=d’Auvergne, bei
welchem ich Oberchirurgus war, erhielt, als es
sich zu
Palmi in Calabrien in Garnison befand, den Befehl, um Mitternacht von
da weg,
eilig nach Tropea zu marschiren, um daselbst der Ausschiffung einer
kleinen
feindlichen Flotte, welche diese Gegend bedrohete, Wiederstand zu
leisten. Es
war zu Anfang Juny, und der Weg betrug nahe an vierzig Millien. Wir
marschirten
um Mitternacht ab. Erst Abends um sieben Uhr kam unsere Schaar,
höchst ermüdet,
an dem Orte ihrer Bestimmung an. Weil wir am weitesten herkamen und
zuletzt
eingetroffen waren, so ward uns die schlechteste Wohnung zu Theil.
Achthundert
Mann, woraus das Bataillon bestand, wurden in eine seit langer Zeit
leer
stehende Abtei einquartiert, die, genau genommen, nur die Hälfte
bequem zu
beherbergen im Stande war. Die Leute wurden an der Erde in einigen
Zimmern auf
ein wenig Stroh zusammengepackt, und konnten sich nicht auskleiden,
weil es an
Decken fehlte. Die Einwohner sagten uns, das Bataillon könne in
der Abtei nicht
bleiben, weil da alle Nächte Gespenster umgingen; der Ort sey
deshalb
verlassen, und werde nur dann gebraucht, wenn man sich nicht anders zu
helfen
wisse. Jedermann lachte über die Leichtgläubigkeit und den
Aberglauben der
Leute; wie groß war aber unser Erstaunen, als wir um Mitternacht
aus allen
Winkeln unserer Caserne ein schreckliches Geschrei wiedertönen
hörten, und
sämmtliche Soldaten sich hinausstürzen und voll Schrecken
davon eilen sahen.
Alle antworteten auf die Frage nach der Ursache ihres Schre=[675]ckens,
der Teufel hause in der Abtei; sie hätten ihn in Gestalt eines
großen
schwarzen, langhaarigen Hundes in eine Thüröffnung
hereinkommen gesehen; dieser
Hund habe sich dann auf sie gestürtzt, sey ihnen mit
Blitzesschnelligkeit über die
Brust gefahren und dann wieder durch eine Thür an der
entgegengesetzten Seite
von der, wo er hereingekommen, verschwunden. Wir machten uns über
ihr panisches
Schrecken lustig und suchten ihnen zu beweisen, daß die
Erscheinung ganz
natürlichen Ursprungs gewesen sey und weiter keine Bedeutung habe,
als die,
welche ihre Einbildungskraft ihr gebe.
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Wir
konnten sie indeß nicht überzeugen,
und es war uns sogar unmöglich, sie wieder in die Caserne
zurückzubringen, und
sie brachten den Rest der Nacht theils am Ufer des Meeres, theils in
der Stadt
zu. Am andern Morgen befragte ich die Unteroffiziere und die
ältesten Gemeinen
noch einmal; sie betheuerten mir, daß sie weder an Geister noch
an Gespenster
glaubten, und wollten mich überreden, daß der Vorgang in der
Caserne kein Spiel
der Einbildungskraft, sondern eine wirkliche Erscheinung gewesen sey;
daß sie
nicht geschlafen hätten, als der Hund herein gekommen sey,
daß sie ihn recht
wohl gesehen hätten, und in dem Augenblick, wo er ihnen auf die
Brust
gesprungen sey, nahe daran gewesen wären, zu ersticken. Wir
blieben den ganzen
Tag in der Abtei, und da kein Regiment abgezogen war, so konnten wir
keine
andere Wohnung bekommen. Nur unter dem Versprechen, bei ihnen zu
bleiben und
für sie Wache zu halten, gelang es uns, die Leute dahin zu
vermögen, daß sie
die Nacht wieder in der Abtei zubrachten. [676] Um eilf Uhr vor
Mitternacht
begaben wir uns mit dem Chef des Bataillons in die Abtei. Alle
Offiziere hatten
sich voll Neugierde in den Zimmern zerstreut, und jeder von uns harrete
stillschweigend auf die Erneuerung des Vorgangs, der so großen
Schrecken
verbreitet hatte. Die durch unsere Gegenwart sicher gemachten Soldaten
lagen im
Schlafe, als gegen Mitternacht, und in allen Zimmern auf einmal, das
nämliche
Geschrei, wie in der Nacht vorher, entstand, und die Soldaten, welche
von Neuem
gesehen hatten, wie ihnen der nämliche Hund auf die Brust sprang,
voll Furcht,
erstickt zu werden, aus der Caserne eilten, fest gelobend, sie nie
wieder zu
betreten. Wir waren stehend, ganz wachend, und paßten gut auf, um
das, was
vorging, wohl zu beobachten, sahen jedoch, wie man leicht denken kann,
nichts.
Offenbar hing
die Erscheinung, welche die Soldaten sahen, und der ich hier den Namen
Alp gebe, von der gezwungenen Stellung ab, worin jene ganz angekleidet
schlafen mußten, wobei ihre Athmungswerkzeuge um so mehr in ihrer
Thätigkeit gehindert waren, als die Luft ihrer Lagerstelle sich in
einem verdünnten und vielleicht durch eine schädlich Gasart
verderbten Zustande befand, und die Muskeln durch den langen Marsch,
den die Leute, ihren Sack auf dem Rücken, gemacht hatten,
ermüdet waren.
An keinem
anderen Orte in Italien haben wir
eine solche Erscheinung wieder beobachtet, obgleich unsere Soldaten
einigemal
eben so schlecht einquartirt waren.
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